“ Von Bischof Tello bis Bischof Gerbrath.
Konstantius und Remedius wurden nur persönlich mit dem weltlichen
Regimente betraut. Auf die Wahl als Präsides oder Rektores des
Lande3 bezieht sich die Stelle im Diplom Karls d. Gr. für Bischof
Konstantius: „Sowohl er selbst, der ehrwürdige Konstantius, als seine
Nachfolger, welche mit unserer Erlaubnis und unserem Willen vom
Volke gewählt dort regieren werden'“?) Der König hatte in der
Urkunde allein von der Einsezung des Bischofs Konstantius als Rek-
tor Rätien3 gesprochen und nur auf dieses Amt beziehen sich auch
die angeführten Worte. W. v. Juvalt sagt hierüber :?) „Die welt-
lichen Regenten (in Rätien) wurden vom Volke gewählt und vom
Könige eingesekt, beziehungsweise bestätigt. Zu Unrecht hat man
die Wahl des Volkes, wie sie in diesem Dokumente konstiert, ein-
seitig auf das Bischofstum bezogen, es ist von der weltlichen Gewalt
die Rede.“
Allerdings wiederholt die Bestätigungsurkunde König Lothars
von 8433) die erwähnte Stelle fast wörtlich.*) Dieses Diplom war
eine Bestätigung der Urkunde Karls d. Gr., sowie einer andern
Ludwigs d. Fr. Beide letztgenannten Dokumente lagen vor, und der
Schreiber kopierte wohl ihre Hauptstellen etwas gedankenlos und ohne
der veränderten Sachlage sich vollkommen bewußt zu sein. Zwe>
der Ausstellung des neuen Diploms war ja nur Gewährung des
königlichen Schutzes für die Gewohnheiten und die Geseßgebung des
rätischen Volkes, nicht aber Feststellung des Modus, wie die Bischöfe
gewählt werden sollen. Es kann unmöglich angenommen werden,
daß man eine Ernennung der Bischöfe von Chur allein durch Volk
und König mit gänzlichem Ausschluß des Klerus prätendierte, denn
solches wäre für die damalige Zeit unerhört. Wollte man aber die
Stelle ernst nehmen, so ließe sie keinen andern Sinn zu, da vom
Klerus gar keine Rede ist.*)
Z 1) „lam ipse vir venerabilis prefatus Constantius, quam SuccesSores Sui,
qui ex nostro permisso et voluntate cum el3ctione plebis ibidem recturi Sunt.“
2) Forschungen über die Feudalzeit 2c. 11, S. 74.
3) Mohr, 1, S. 41.
4) Statt der Worte „ibidem recturi erunt“ ist geseßt „eandem sedem ad
regendum et gubernandum Ssuscepturi unt.“
8) Zuvalt l. c. S. 103 nimmt an, e3 sei durch Lothar dem Bijschofe
wieder die gräfliche Gewalt übertragen worden und die Stelle habe also
die nämliche Bedeutung wie im Diplome Karls d. Gr. Allein gegen diese
Annahme spricht die einzige Aenderung der Stelle, nämlich die Ersezung
de3 „ibidem“ mit „eandem sedem“. (ES handelte sich jeßt nur noch um den
bischöflihen Siß und das bischöfliche Amt. Besonder3 kommt hier auch die
offenbare Tatsache in Betracht, daß es noch im 10. Jahrhundert Grafen
für Oberrätien gab.
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