- Von Bischof Tello bis Bischof Gerbrath.
der Autorschaft des Remedius fest. Er beruft sich hiebei auf das
erste Kapitel im Strafgeseze des Remedius, in welchem dieser auf
can. V. seiner Kirchendi8ziplin hinweise. Allein Zeumer hat nach-
gewiesen, daß »can. V.« nur eine falsche LeSart für »tantumc sei.
Von den meisten wird die Autorschaft des Remedius bestritten,
sv schon von Harzheim, Kunstmann, Knust u. s. w. Die Kanone3-
sammlung sei ein Auszug aus den falschen Dekretalen Pseudo-
Isidors, welche um die Mitte des 9. Jahrhunderts abgefaßt sind.
Sie stamme aus dem Ende des 9. Jahrhundert5. Wirklich lehrt
eine Vergleichung, daß die Canones unserer Sammlung den un-
echten Dekretalen Pseudo-Isidors entnommen sind, nur die 7 letzten
Stücke bilden eine Ausnahme.
Aus allem scheint hervorzugehen, daß die Sammlung in der
zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts in Chur entstanden ist und
später durch den Bischof Notingnus um einige Stücke vermehrt
wurde.
Eichhorn und Fet verlegen den Tod des Bischofs Remedius
in das Jahr 820 und setzen voraus, daß noch ihm selbst die Präse3-
würde entzogen worden sei. Kaiserliche Sendboten (missi dominici)
jollen in Rätien Unordnungen angetroffen haben, infolgedessen habe
Karl d. Gr. eine Trennung der Gewalten vorgenommen. Diese
Ansicht scheint nicht stichhaltig zu sein. Königliche Gesandtschaften
in die einzelnen Länder des fränkischen Reiches waren etwas regel-
mäßiges. Wir wissen nun allerdings, daß auch nach Rätien eine
solche fam, aber ihr Zeitpunkt und ihr Resultat sind unbekannt.
„Wa3 man von der Persönlichkeit des Bischofs Remedius und seinen
Beziehungen zum Hofe weiß, gestattet die Annahme nicht, daß unter
ihm ein außerordentliches Eingreifen des Kaisers notwendig ge-
worden sei.“?) Gerade die Gesebsezung des Remedius zeigt ja, daß
er bemüht war, möglichst geordnete Zustände in seinem Lande her-
zustellen. Erst nach dem Tode dieses Bischofs scheint die weltliche
Gewalt in Rätien auf einen Grafen übergegangen zu sein. Im
Jahre 806, da Karl d. Gr. bezüglich einer Teilung des Reiches
unter seine Söhne Bestimmungen trifft, erscheint Churrätien schon
als Herzogtum (ducatus) und im Jahre 806 oder 807 präsidiert
Graf Hunfrid eine Gericht3verhandlung zu Rankweil.?) HDunfrid
war also schon im Besize der weltlichen Gewalt in Rätien. Tod
1) Rlanta l. c. S. 356.
?) H. Wartmann, Urkundenbuch d. Abtei St. Gallen, 1, u. 187.
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