126 Joseph Bergmann. Beiträge zu einer kritischen Geschichte Vorarlbergs
Zum Schlusse des dreissigjährigen Krieges wollen wir „biographische Notizen aus dem Leben
des Obersten Caspar Schoch,” gezogen aus der für denselben am 18. August 1672 in der Pfarrkirche
zu Bregenz vom Pater Samuel, Capuziner zu Bludenz, gehaltenen und bei Barthol. Schnell ') daselbst
gedruckten „Leichenpredigt” mittheilen, wie wir sie von Herrn Joseph Sebastian Kögl, Lehrer an der
dortigen Kreishauptschule, aus den Papieren des hochwürdigen Herrn Decans und Stadtpfarrers Christoph
Walser erhalten haben. Sie mögen zur Ergänzung dessen dienen, was Weizenegger, Bd. IL, 321 f.,
über unsern wackeren Kriegsmann erzählt.
Caspar Schoch wurde am 25. December 1610 zu Klein-Holzleute, einem ungefähr eine
halbe Stunde von der ehemaligen Reichsstadt Isni gelegenen Dörfchen, von armen, aber ehrlichen Ältern,
welche dem dortigen Gotteshause zu St. Georg leibeigen waren, geboren. Mit dem zehnten Jahre, sagt
sein Leichenredner, musste er auf dem grossen Welttheater schon zwei Personen vertreten, nämlich zur
Winterszeit die eines Studenten in der deutschen Schule, im Sommer aber die eines Hirten draussen auf
dem Felde, — beide zwar mit Willen und Gutheissen seiner lieben Ältern, aber keine mit rechter Lust und Liebe
seines Herzens, indem er, was das Studiren betrifft, innerhalb dreier Winterfristen nicht so viel erlernte,
dass er das Abe rückwärts hätte aufsagen können, und in Betreff seiner Hirtenstelle dieselbe sogleich
fröhlich quittirte, als ihn im Jahre 1623 am Aschermittwoche ein gewisser Fähnrich Beslier auf freiem
Felde aufforderte, mit ihm zu gehen. Beslier brachte den dreizehnjährigen Knaben, dessen ganzer vom
Hause mitgenommener Reichthum in eilf Batzen an Geld und einem weissen Nastüchel bestand, wohlbehalten
ins Lager vor Stralsund , wo er denselben dem Hauptmann Fligel unter dem Wallensteinischen Regimente
überlassen musste; der ihn als Hundjungen anstellte , in welcher Eigenschaft er seinem Herrn überall
vier Windhunde nachzuführen und diese zu besorgen hatte, welchen Dienst er beinahe dritthalb Jahre und
zwar, wie P. Samuel sagt, oft nicht ohne tödtlichen Hunger und Kummer, jedoch mit allem möglichsten
Fleisse versah. Hierauf wurde er vom Hauptmanne Brocken (aus Feldkirch) unter das Aldringerische Regi-
ment als gemeiner Musquetier aufgenommen, aber schon im Jahre 1630 zu dem Reiterregimente Monte-
euceuli übersetzt. Zum Einstande dieses seines neuen Ritterordens, sagt sein Panegyrist, wurde er im
Mantuanischen Kriege vor Pavia so übel traetirt, dass er durchschossen und durchstochen, jedoch aus
sonderbarer Schickung Gottes noch bei Leben erhalten wurde. —
In diesem Feldzuge scheint Schoch aber auch durch seine Tapferkeit den Grund zu seinem nach-
herigen Glücke gelegt zu haben; denn bald hernach , wie sich sein Leichenredner ausdrückt, wurde er
gleichsam von der untersten Stufe an die Wiege des Glückes immer höher hinauf, d. i. unter unterschied-
lichen Generalitäten durch alle ordentliche Gradus der gewöhnlichen Kriegsämter bis zu der rühmlichen
Stelle eines tapferen Feldobersten geführt, mit.einem adeligen Titel und Namen, mit Schild und Helm, mit
Ehre und Gut, mit Ämtern und Dignitäten, ja mit einem solchen Ruhme versehen, dass Fürsten und Poten-
taten, sogar die gekrönten, römischen Kaiser selbst solche zu unterschiedlichen Malen mit freundlichsten
Audienzen, mit reichen Präsenten und Schenkungen, mit goldenen Ketten und Gnadenpfenningen, mit eigen-
händigen Gratulationen und Dankbriefeln allergnädigst verehren und ansehen wollen.
Caspar Schoch muss aber nicht bloss ein sehr tapferer Soldat, sondern auch ein recht guter Mensch
gewesen sein. Folgender Zug aus seinem Leben beweiset dieses unwidersprechlich, den ich lieber mit
den. treuherzigen Worten seines Leichenredners selbst anführen will: „Er war ja freilich wohl ein gar
frisch und tapferer Reiter, und ich lasse es wohl gelten, dass er, welcher von Jugend auf sich in die Bruder-
schaft derjenigen hat verzeichnen lassen, von denen Lucanus (zwar gar zu absolut und lediglich) schreibt:
Nulla fides pietasaue viris , qui castra sequuntur , — dass er, sage ich, auch mit den Wölfen geheult, und
\\ Ein Bartholome Schnell druckte die durch Johann Georg Sechlee aus Rottweyl zusammen getragene, sogenannte Embser Chronik in dem
gräflichen Markte Embs schon im J. M.D.XVI. Meines Wissens ist sie das älteste und zugleich schönste, mit 95 Wappen und 20 anderen Abbil-
dungen in Holzschnitten gezierte Werk von der grössten Seltenheit, das in Vorarlberg erschienen ist. Dieser jüngere Schnell ist wahrscheinlich
dessen Sohn oder Enkel, der 1672 sein Geschäft in Bregenz betrieb-