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Joseph Bergmann. Beiträge zu einer kritischen Geschichte Vorarlbergs
mansum, et quidquid iuris habetis in ecclesia de Benduro ‘) Cf. Eichhorn Episcop. Cur. Cod.
probat. p. 62 und 63.
Zum letzten Male finde ich in der aus dem Archive von Bendern herrührenden Bestätigungsbulle
für dasselbe Kloster St. Luzi vom Papste Innocenz III. ddo. Lateran am‘ 6. Mai 1209 den alten Namen
Vinnona. Es heisst nach Eichhorn 1. ce. cod. probat. p. 71, Nr. LXII, und besser bei v. Mohr
Nr. 17%, in derselben: — — Trisune (d. i. Trisen) eurtem unam. Escam (Eschen) curtem unam
cum appendieiis suis. Vin onne eurtem unam cum appendieiis suis. Decimas curtis de Vinonna, curtem
de Turring ®) et uineas, ‚et alpem de Ramoz *) cum paseuis suis ete.
Unter dem Volke mochte schon im X. Jahrhunderte der deutsche Name Rankwil gang und gäbe gewor-
den sein, während in Urkunden, besonders den geistlichen, wie in den päpstlichen Bullen, noch im Jahre
1208, aber kaum später das romanische Vinomna oder Vinonna gebraucht wurde.
Die Mälstatt, später das reichsfreie, seit 1375 österreichische Landgericht, erst zu Müsinen,
einem Acker jenseits der Frutz, dann zu Rankweil, reichte vom VII. Jahrhunderte bis 1806 herab. Sein
Umfang erstreckte sich. anfangs nördlich vom Boden- bis zum Walhen- oder Wallenstätter See, südlich
an den Septimer (Mons Septimus) an der Grenze des Veltlins, östlich bis an den Arlberg.
Noch zeugen vom ältern romanischen Elemente in diesem Gaue die Namen Montfort, seit 1405 eine
Ruine, Clüs, Fraxern, Dafins, Montlix, Laterns (Clauturnis), Fallura oder Vallura, die hohe Matona, die
Alpen Salufer und Valors, Latora, das hochgelegene Damüls, Prederis (urkundlich Prädris), Gätzis
(Gazzesis, Chezins und Cheizines), Matschels früher Montschels d. i. Montiecello, und Montiglen (Monti-
culus) jenseits des Rheins, Novels (Novale), Ardetzen, Lefins jetzt Lefis; ja in Rankweil gab es eine Sal-
vayren-Gasse und den Namen Maltemp. Viele romanische Namen von Äckern, Wiesen, Gründen, Höfen
überliefert uns das bischöflich-churische Urbar vom Jahre 1393 in der Pfarre Gävis, als Campätsch,
Camplums, Camperphon und Ganperfen, Gadullen, Gardis und Gardus, Gasals (casale), Gudratsch, Par-
tiden, Pradels, Quader, Ruduns (Rotond), Rungaletsch, Rungels und Rungalet (von runcare), Sasell; Sax,
daher das darüber liegende Übersaxen (supra saxa), Tunia oder Tums, welches keltisch zu sein scheint.
Die nördlichsten Ausläufer romanischer Zunge sind Amedes, d. i. Ämps, j- Ems oder Hohenems, und viel-
leicht Klien (Ober- und Unterklien), das an Clunia erinnerte, wenn es in Bezug auf die Meilenzahl nicht
allzu nahe bei Brigantium stände *). — Oberhalb Hohenems treten nach und nach die deutschen Namen
Altach, Mäder, Neuburg, Meiningen, Mäschach oder Meschach (von mähen, und Schach, d. i. Wald oder zu
M — eschach?), dann Weiler. Rankweil. Altenstatt. Gisingen. Amberg, Feldkirch etc. ete. aus dem
Dunkel hervor.
Rautena oder das heutige Rötis bei Rankweil (882 und 885). — Der villa Rautena bei der
Kirche des heil. Martin geschieht zum ersten Mal in der S. 90 genannten Vergabungsurkunde K. Karl’s des
Dicken ddo. 23. September 882 Erwähnung. Derselbe schenkt ddo. Bodmann am 15. April 885 *) dem
Gotteshause zu St. Gallen einige Güter zu Rötis im Churwalgau mit den W orten: — placuit nobis pro
amore Dei, et remedio animae nostrae, nec non et statu regni nostri, quasdam res in villa, quae dieitur
Raitinis, in pago Retia, quod alio nomine Churevvala appellatur, ad venerabilem (sic)
St. Galli monasterium concedere: ea videlicet ratione, ut deinceps de ipsis rebus semper XII pere-
!') Benduro, die Kirche zu Bendern im Liechtensteinischen Gebiete gehörte dem Kloster Schännis, kam dann an Rüdi ger von Limpach,
der sie dem Kloster zu St. Luzi zu Chur im J. 1194 schenkte.
?) Thüringen, Haupt- und Amtsort der ehemaligen Reichsherrschaft Blumenegg;
5) Soll dieses Ramoz das Dorf Ramüs oder Remüs im untern Engadin, oder vielleicht der verschollene Name einer Alpe im Walgau sein?
*) Ein aufmerksames Ohr hört heut’ zu Tage noch aus dem Munde des Volkes im obern Vorarlberg unverkennbare Überbleibsel vermischter Wörter
und Betonung, besonders den Nasal. wie im Brandenburgischen sich die Aussprache des g wie j von den frühern slawischen Bewohnern erhal-
ten hat.
’) Neugart Cod. diplom. Alemann. I, Nr. DLIIL, pag. 451.