74 Joseph Bergmann. Beiträge zu einer kritischen Geschichte Vorarlbergs
Graf Adalbert nicht einem ganz andern Geschlechte angehören, vielleicht dem schwäbischen von Achalm
und Gamertingen, das unter seinen Gliedern Adalberte nennt und in Churrhätien Besitzungen hatte?
Ich kann nicht umhin, noch von Udalrich und Adalbert, wie sie in einer von Baron v. Hormayr
S. 173, aus Herrgott’s Genealogia diplom. II, Nr. CXLI, im Auszuge schlecht copirten Urkunde erscheinen,
zu sprechen. In dieser Urkunde *), ddo. Konstanz am 28. August 972, kraft welcher K. Otto I. dem Hoch-
stifte Chur die im Jahre 955 gemachte und von Arnold, Sohne Ulrich’s (Grafen von Lenzburg), für sein
Kloster Schännis angefochtene Schenkung des Königshofes zu Zizers bestätigt, heisst es: „Nos (civibus
Curiensibus Constantiae conventis) diligentissima inuestigatione ueritatem inde examinari tandem
iuramentorum contestatione cupientes luuianum. uuolfradum. rabbonem ete. etc. — aliosqyue eiusdem comi-
tatus optimos quam plures sub nostri presentia. celerorumque nostrorum primatum, bernonis uidelicet
comitis palatini, chuonradi. udalrici. adalberti. hucbaldi. rihuuini. gotefredi. managoldi. lantoldi
uuolfradi. liutoldi comitum aliorumque optimorum quam plurium iurando firmare ac ueraciter com-
probare.” Hormayr zählt diesen Adalbert wie all die Genannten unter die Grafen Churrhätiens, womit
ich schon wegen ihrer Anzahl nicht übereinstimmen kann. Ich halte diese Grafen, da die Edeln Churrhä-
tiens (optimi eiusdem comitatus) genannt und dann nicht ohne Bedacht davon getrennt, und die Worte
ceterorumque nostrorum primalum angefügt sind, für Grafen verschiedener Gaue Alemanniens, die zu
Konstanz um den Kaiser versammelt waren. Hucbald und Rihwin sind Gebrüder und Grafen von Dillingen,
Neffen des heil. Ulrich; Gotefred und Mangold dürften den Nellenburgern, Wolfrad den Veringern, Ulrich
den von Bregenz-Buchhorn angehören. Adalbert mag der Graf in Churrhätien gewesen sein, doch war
dieser Name der gewöhnlichste Taufname des Geschlechtes der Grafen von Calw (vgl. Stälin 1, 567).
„Auf den so eben erwähnten Adalbert’”’ — den wir in der Urkunde vom 4. Juli 976 zum letzten Male
als Grafen dieses Gaues lesen — „folgte (nach v. Hormayr S. 174) in den Grafschaften Vinschgau, Engadein
und Churrhätien Otho, welcher von jenem Otho, Grafen im Linzgowe, wohl zu unterscheiden ist, der in
den Stamm der Grafen von Bregenz gehört, und bei Hergott und Neugart, dann in der Chronik von Peters-
hausen zum öftern erscheint. Unser Otho starb gleich nach 1055, wo er noch zum letzten Male in einem
churischen Diplom auftritt.” Wie kann ein und derselbe Otto von 976 bis 1055, d..i. durch 79 Jahre, einem
Gaue vorstehen. Otto, Adalbert’s Nachfolger, ist der gleichnamige Herzog Otto I. von Alemannien, des Her-
zogs Liutolf Sohn, der auch dem Churwalhengau, unseres Wissens aber nicht dem Vinschgau vorstand, wie
dieses K. Otto’s II. Schenkungs-Urkunde. vom 15. Jänner 979 bestätigt (bei v. Mohr Nr. 67). Vergl. S. 71
am Ende.
Dass nach Herzog Otto’s Tode (+ 982) seine Nachfolger in der Herzogswürde auch den Churwalhen-
gau als Grafen verwaltet haben, mag sein, urkundlich kann ich es nicht erweisen. Wir finden später von
1048 — 1057 den Grafen Otto von Schweinfurt als Herzog von Alemannien. Das angeblich zu Natta
(Nattheim . bei Heidenheim) am 12. Juli 1050 ausgestellte und in Herrgott’s Genealog. diplom. I,
Nr. CLXXVIL, aus dem Archive von Pfävers abgedruckte Diplom, in dem Kaiser-Heinrich II. dieses Klo-
ster in seinen Schutz nimmt und seine Rechte und Freiheiten bestätigt, und worin die Grenzen seines
Gebietes ‚speciell bezeichnet sind, ist durchaus falsch *), wie schon aus dem Schlusse erhellet: „Zn praesen-
tia Henrici co imperatoris, et Agnetis conjugis nostrae dilectissimae, Thietmari episcopi, et Birichti-
lonis abbatis, Ottonis et Rudolfi Comitum, itemque Eginonis, Humberti, Adalberonis, conprouineia-
lium, ac denique Werneri aduocati.” Der nachherige Kaiser Heinrich IV., der hier — am 12. Juli 1050 —
coimperator genannt ist, ward erst am 11. November desselben Jahres 1050 geboren! Wahrscheinlich
sind nicht minder einige dieser Zeugen erdichtet. Auch die Schreibweise gegen die Mitte der Urkunde
1) Bei v. Mohr Nr. 64. — In Herrgott’s Werke 1. eit. Nr. CXLI schlecht abgedruckt und irrig der 18, August gesetzt.
2) Regesten der Benedietiner Abtei Pfävers, von Karl Wegelin. Chur 1850, Nr. 27; laut Anmerkung hat schon Scheuchzer (+ 1733) dieses
Diplom als „ein ganz erdichtetes Wesen”” erklärt. Vgl. v. Mohr ad Nr. 92, pag. 131. Böhmer Regest. Nr. 1605. Das Original fehlt. Auch
abgedruckt in Herrgott’s Genealog. II, Nr. 182.