Volltext: Beiträge zu einer kritischen Geschichte Vorarlbergs und der angrenzenden Gebiete besonders in der ältesten und älteren Zeit

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Joseph Bergmann. Beiträge zu einer kritischen Geschichte Vorarlbergs 
(im Jahre 1850) katholischen Einwohnern, hat ein Obergymnasium und eine Hauptschule zu Feldkirch, 
eine Kreishauptschule zu Bregenz und in seinen 97 Pfarreien, 21 Exposituren und 1 Curatie, in 119 Seel- 
sorge-Stationen, 199 Trivial- oder Volksschulen, die im gebirgigen Theile des Landes wohl nur im Winter 
gehalten werden können, dann drei abgesonderte Mädchenschulen, zusammen 204 niedere Schulen mit 14.458 
Werktags-, und 6.388 Sonntagsschülern, zusammen 20.846 Schülern und Schülerinnen, so dass ungefähr 
?/. der Bevölkerung sich: unterrichten lässt *'). Die meisten Bergpfarren haben nicht allein bei der Kirche, 
sondern auch in den abseits gelegenen Weilern ihre Schule; denn die Nützlichkeit des Lesens, Schreibens 
und Rechnens hat der gemeinste Mann im täglichen Verkehr mit seinen Nachbarn kennen und hochschätzen 
gelernt. In welchem Kronlande des österreichischen Kaiserstaates herrscht auf so kleinem Raume eine so 
warme Theilnahme am Unterricht der Jugend? 
Die Industrie, besonders in Baumwollwaaren und türkisch Rothfärbereien, um Feldkirch, Bludenz, 
Dornbirn und Hard, entwickelt sich in solcher Grossartigkeit, dass — wie neulich ein Blatt anzeigte, — 
der gesammte preussische Staat mit seinen Rheinlanden nur um ein Drittel mehr an Fabricaten erzeugt, 
als jener kleine Landstrich in Vorarlberg. 
Hier herrscht eine gleichmässigere Volksbildung als in Tirol, ein geringerer Unterschied der Stände 
und eine allgemeinere Theilnahme an öffentlichen Angelegenheiten als in andern Provinzen; jedoch be- 
schleicht den offenen Sinn des Volkes kein Gelüste nach der demokratischen Glückseligkeit der kleinen 
Kantone jenseits des Rheines; der Vorarlberger fühlt und weiss, dass er einem grossen Staate angehört. 
Dieses Ländchen ist eine starke Vormauer für Österreich. Die Karte zeigt es als Wächter der Strasse 
von Südschwaben am rechten Rheinufer herauf gegen die Lombardie, zeigt Feldkirch mit dem Querriegel, 
Ardetzenberg sammt den beiden Käpfen und mit Einbezug des Schellenbergs als Thor der einzigen Ver- 
bindungsstrasse der nördlichen Schweiz und Tirols. 
Die Vorarlberger haben ihre Treue und Anhänglichkeit an: das Erzhaus Österreich in den Kriegen 
K. Maximilian’s I. mit den Schweizern im Jahre 1499, und Venetianern (1508), im dreissigjährigen Kriege, 
im Jahre 1744, während des österreichischen Successions-Krieges, bei den französischen Invasionen zu 
Ende des vorigen Jahrhunderts, wie auch im Jahre 1809, in welchem etwa 12.000 Mann ins Feld rückten, 
bekanntlich auf das Ehrenvollste mit den Tirolern bewährt ?). Kurz, sowohl Lage als auch der Gewerhfleiss, 
die Rührigkeit und die Verständigkeit der Bewohner geben dem Ländchen eine weit über das Maass der 
Quadratmeilen und die Volkszahl hinausreichende, eine potenzirte Bedeutung. 
Die urkundlichen Materialien zu einer kritischen Geschichte Vorarlberg’s, das vermöge seiner 
Lage erst mit der nahen Schweiz und den Vorlanden, wie auch mit Oberschwaben, dann mit "Tirol und 
Baiern in fortdauernder Berührung und zeitweiliger Verbindung stand, sind im In- und Auslande zer- 
streut, und zwar A) im Inlande: a) in Wien, im k. k. geheimen Haus-, Hof- und Staatsarchive, ferner 
in den Archiven der k. k. Ministerien des Innern und der Finanzen; 6) in Innsbruck bei der dermaligen 
k. k. Statthalterei, besonders im sogenannten Schatzarchive und in der Bibliotheca Tirolensis; c) in Vor- 
arlberg selbst, in den drei Städten Bregenz, Feldkirch und Bludenz, und in den ehemaligen Gerichts- 
sitzen zu Bezau im inneren; und, zu Lingenau im äusseren Bregenzerwalde , zu Hohenems, Rankweil und 
endlich zu Schruns im Thale Montavon. 
B) Im Auslande: d) zu Chur: im bischöflichen Archive, indem das vorarlbergische Oberland als 
Capitulum Drusianum bis zum Jahre 1808 zum Churer Sprengel gehörte; e) zu St. Gallen, das durch 
seine hohe Cultur durch Jahrhunderte mächtigen Einfluss auf die umliegenden Gaue ausübte; DD zu Zürich, 
1). S. den quellengemässen, gediegenen Aufsatz von Joseph Sebastian Kögl, grammatischem Reallehrer in Bregenz: „über das Volksschul- 
wesen in Vorarlberg,” in dem österreichischen Schulboten. Wien 1852, N. 1, S. 2—5,. 
*) „Mehr Ordnung als im eigentlichen Tirol war im Vorarlbergischen, wo v. Hormayr und der Doctor Schneider überwiegenden Einfluss hatten.” 
Schlosser’s Geschichte des achtzehnten und neunzehnten Jahrh. Heidelberg 1842, Bd. VI, Abth. I. 514.
	        

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