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Joseph Bergmann. Beiträge zu einer kritischen Geschichte Vorarlbergs
Adalbert I., Hunfried’s I. im Jahre 846 verstorbener Sohn, brachte sein Amt auf seine Nachkommen,
die zu einem sehr mächtigen Geschlechte heranblühten. Er hinterliess nach Neugart’s Episcop. Constant.
pag. 185, die fünf Söhne: Adalbert II., Rudolf, Odalrich, Hunfried II. und Werinbert; ob sie
nach ihrem Alter geordnet sind, vermag ich nicht zu bestimmen. Ich habe in Neugart’s Cod. diplom.
Alemanniae sämmtliche (325) Urkunden vom 28. März 838, in der Adalbert I. zum letzten Male als Graf
im Thurgau erscheint, bis zum 27. Jänner 994 (von Nr. CCLXXXHI—DCVII) in Bezug auf die Grafen vom
Thurgau durchgesehen. Ich fand in Urkunden vom 11. April 841 bis 29. Mai 852 Uodalrichen als Grafen
im Thurgau, ja sogar in einer vom 20. April 849 (Nr. CCCXXIV) gemeinsam Adalrichen d. i. Uodal-
richen mit Gerold, der Graf in Zürichgau und einem Theil des Thurgaues war (vgl. S. 64, Anm. 6); dann
zuletzt, am 16. Februar 854, (Nr. CCCLIN). Ist dieser Uodalrich Adalbert’s I. Sohn, so war er vor
seinem Bruder Adalbert II., Graf des Thurgaus oder in einem Theile desselben. Uodalrich, Adalbert’s 1.
Sohn, war nach Neugart’s Episcop. Constant. p. 185 comes Rhaetiae wie auch Schirmvo gt des Got-
teshauses Schännis, und hinterliess nur die Tochter Emma, die, mit Arnold von Lenzburg vermählt,
ihr väterliches Erbe an dieses Haus brachte. Nach dem Erlöschen des Lenzburgischen Mannsstammes
(1173) kam diese Schirmvogtei durch die Erbtochter Richenza nach K. Friedrich’s I. Tode (1190), der
dieselbe durch 17 Jahre selbst verwaltet hatte, an das Haus Kyburg und von diesem an Habsburg.
Da die Urkunden der Frauenabtei Schännis bis zum Jahre 1090 verloren gegangen sind, lässt
sich über die Erwerbung und das Alter ihres Grundbesitzes in unserm Vorarlberg nichts festsetzen. Nach
einer Urkunde K.Heinrich’s II. vom Jahre 1045 in Herrgott’s Cod. probat. Nr. CLXXVII, hatte sie daselbst
theils eigene, theils Lehen- und Zinsgüter, nämlich in Rankweil, Gisingen, Fröwis (in der heutigen
Pfarre Klaus), Götzis, Lustnau, Bludenz, Tosters, nebst Estan (am Eschnerberge) und Ben-
dern, beide im heutigen Fürstenthum Liechtenstein. (Vgl. von Arx I, 145 und 300 e.). Ihre vielen Besitzun-
gen in Churrhätien und in der Schweiz sind namentlich in. der Bestätigungsbulle vom P. Alexander II. vom
24. Oetober 1178 in Eichhorn’s Cod. probat. Nr. LVI enthalten. Ohne Zweifel sind mehrere dieser Güter
von Hunfried, ihrem Stifter, und seinen Nachkommen an dieses Gotteshaus vergabt worden !).
Wir begegnen wieder in einer Thurgauer Urkunde ddo. Reichlingen (bei Stein am Rhein) am
4. Mai 853 (Nr. CCCXLVII) am Schlusse dem Ausdrucke: „in comitatu Adilberti.” Diesen Adalbert
halteich für den Z weiten dieses Namens aus Hunfried’s Geschlecht. In einer andern Urkunde, vom 4. Sep-
tember 854 (Nr:CCCLIX), kraft welcher Reginbold sein Eigenthum in Weizen (bei Stühlingen) im Alpe-
gow”*) an St. Gallen vergabt, lautet es „sub Adalberto comite.” Er ist wohl derselbe Adalbert, den
wir später wieder z.B. in den Jahren 875, 885 und 888 (Nr. CCCLXXXI, DLIV und DLXXVII) in Alpe-
gauischen Urkunden lesen. In sehr vielen, T’hurgauische Orte betreffenden Urkunden finde ich vom
25. Juni 855 mit Unterbrechung von einzelnen Jahren bis zum 10. Jänner 89% (von Nr. CCCLXI—DOVI)
in gewöhnlicher Formel die Worte: „sub Adalberto comite.” In der Urkunde Nr. DCVIL vom 27. Jänner
894, lautet es klar: „sub Adalberto juni ore.” Ei
Graf Adalbert besass zu dem Thur- und Albgau, wenn auch.nur durch kürzere Zeit, die Grafschaft
Bertholdsbaar und die Scherr, indem eine Tausch-Urkunde vom 3. April 875 (Nr. CCCCLXXXII) uns
die Worte überliefert: Dedit memoratus Adalbertus comes ad monasterium sancti Galli in suo comi-
tatu, qui dieitur Scherra, in loco qui vocatur Filisiningua ecclesiam. So erscheint er in Urkunden vom
3. April 875 und vom 10. December 882, Nr. DXXXIV, auch als Graf in der Bertholdsbaar 9.
1) Vgl. Die Grafen von Habsburg. Von Richard Roepell. Halle 1832. S. 132 und 133.
2) Der Alpegow oder Albgau, der vom Flüsschen Alb seinen Namen führt, umfasste das Land, das östlich von der Wutach, südlich vom
Rhein, westlich von der Murg und nördlich vom Feldberg eingeschlossen ist.
) Die Baar war ursprünglich ein grosser Gau, von dem die heutige sogenannte Baar um die Donauquellen nur ein kleiner Theil ist. Die alte
Baar erstreckte sich bis Triberg, Wolfach, Haslach, Villingen und einen Theil von Wirtemberg. Einzelne Theile derselben erhielten andere
Namen, zum Theile von deren Besitzern. So hiess der westliche Theil die Bertholdsb aar, ein östlich gelegener die Scherr, und andere
Birtilsbaar, Adelhartsbaar und Albunsbaar.