Volltext: Beiträge zu einer kritischen Geschichte Vorarlbergs und der angrenzenden Gebiete besonders in der ältesten und älteren Zeit

Joseph Bergmann. Beiträge zu einer kritischen Geschichte Vorarlbergs 
Heerstrasse, die diese damals wilden, waldigen und gebirgigen Gegenden durchschnitten, ist nicht 
zu denken. 
B. Römerstrasse von Brigantium nach Curia. — Von Brigantio zog sich die Römer- 
strasse am Fusse des Gebirgs *) durch die Klausen ob Götzis und bei Valduna *) nach Clunia (S. 54), das 
eine feste Stellung und eine Rundschau (specula) in die Vallis Drusiana gewährte, und von Clunia über 
die Ill und den Fällengatter gleichfalls am Fusse des Gebirgs hin nach Magia, das der dort heimische 
Herr Reetor Peter Kaiser bei Mels oberhalb Balzers an der St. Luciensteige finden will, und von Magia 
endlich nach Curia und weiter nach dem Comersee etc. Längs diesem Strassenzuge werden bisweilen 
römische Alterthümer gefunden, besonders tritt in dieser Hinsicht das Pfarrdorf Schän®) im Liechten- 
steinischen in den Vordergrund. So sagt Herr Kaiser in seiner Geschichte des Fürstenthums Liechten- 
stein, Chur 1847, S. 158, dass wahrscheinlich zu Römerzeiten in Schän eine Station gewesen, und 
noch findet man mitten im Dorfe Spuren eines alten, sehr geräumigen Gebäudes, das ein längliches 
Viereck bildete, mit Mauern von ungewöhnlicher Dicke und Festigkeit. Nun sei seit Jahrhunderten 
alles überschüttet und überbaut, die Wohnungen vieler Leute und ein dem h. Petrus geweihtes 
Kirchlein nehmen jetzt grossentheils die Stelle ein, wo jener alte Bau gestanden. Weder in Urkunden, 
noch in Chroniken, „noch in den Überlieferungen des Volks finde man irgend eine Meldung von dem- 
selben, ein Beweis, dass seine Zerstörung. in sehr frühe Zeiten, vielleicht in die Zeiten der Völker- 
wanderung fällt. (Vielleicht durch die wilden Alemannen?) Nun wurde daselbst, wie mir Herr Hof- 
caplan Fetz aus Vaduz schreibt, im Frühlinge 1850 ein römisches Castell entdeckt und theilweise 
ausgegraben. „Dieses Gemäuer liegt 1— 3‘ tief unter der Erde, und darauf waren viele der im September 
1849 abgebrannnten Häuser gebaut, so auch das alte Kirchlein St. Peter*); darauf liegen auch Wein- 
und Baumgärten. Der ungeheuere Umfang und die Dicke dieser Mauern erinnern an das Vallum Trajanum 
und Vallum Drusianum. Das Gemäuer, das der heutigen Strasse entlang läuft, scheint ein längliches 
Viereck zu bilden.’” Weiter meldet mir derselbe über dortige Funde. Schon früher, als man am Portal 
des St. Peterskirchleins eine kleine Steintreppe anbrachte, wurde dort — also inner der Hauptmauer der 
Nordseite — ein Elephantenzahn gefunden, den der damalige fürstliche Landvogt Pokorny nach Wien 
geschickt haben soll. Bei den jüngsten Grabungen wurden neue Entdeckungen gemacht. Es wollte bei- 
nahe den Anschein haben, als sei an der äussern Seite der Nord- und Südmauer, und besonders an letz- 
terer ein Friedhof gewesen; denn man fand viele, bei zwölf oder mehrere menschliche Skelette von 
sehr grossem Knochenbau, unter welchen zwei besonders merkwürdig waren. Die Arbeiter bei der Aus- 
grabung sagten mir: „Wir haben zwei grosse Männer in Eisen gefunden, der eine hatte eine Lanze, der 
andere ein Schwert. Das Eisen zerbröckelte ganz in Moder, nur die Spitze der Lanze—sehr verrostet — 
und der Griff des Schwertes sind kennbar. Dieser ist von Eisen mit eingelegten Silberstäbchen, wie Sil- 
berdraht. Von einem Todtenbaum *) oder einer Gruft war keine Spur. Diese Skelette lagen in sehr gerin- 
ger Tiefe, höchstens vier Fuss unter der Erde. Ferner wurde daselbst gefunden:-_ein eisernes Gefäss in 
Taubengestalt oder einem altmodischen Giessfass ähnlich, und ein Dreizack, dessen mittlere Zinke länger 
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1) Die Fahrstrasse durch das lange, torftreiche Ried gegen Götzis hinauf wurde meines Wissens erst unter der Kaiserin Maria Theresia gebaut. 
2?) Der Name Valduna wird wegen des ehemaligen, im J. 1389 gestifteten Frauenklosters gewöhnlich als Vallis Dominarum (Frauenthal) 
gedeutet. Wir finden aber schon urkundlich vor dessen Erbauung den Wald Valduna, Dieser Name scheint mir von dem unter Clunia gelege- 
nen Orte Tunia herzukommen. So heisst dieser Weiler, dessen Name an das celtische — dunum erinnert, in dem muthmasslich aus dem 
XI. Jahrh. hkerrührenden Einkünfte — Rodel des Bisthums Chur. Vgl. v. Mohr’s cod. diplomat, Nr. 193, pag. 285. Tuns, jetzt Tums oder Dums 
bei Gävis, das gegen Rankweil hin sich ausmündet, 
) Schän d. i. Eiche, vom roman. tschäno (französ. le chene), das man noch im Canton Freiburg hört, vgl. Schanvic, oder jetzt auch 
Schanfik, und Schännis oder Schennis. 
\ Das alte St. Peters Kirchlein war vor etwa 300—400 J. Pfarrkirche, damals war also S, Petrus Patronus ecelesiae et loci; seit dem 
Baue der jetzigen Pfarrkirche ist S, Laurentius Patronus ecclesiae et loei. 
) Todtenbaum, sehr bezeichnend im Alemannischen, ein Sarg, urspr. aus einem ausgehöhlten Baumstamme (p0vdi£ulov); unser Sarg ist 
wohl aus dem griechischen oäpE , Gapko — pdyos. Vgl. das neuentdeckte heidnisch - alemannische Todtenfeld bei Oberflacht in Schwaben, von 
Wolfgang Wenzel, in dem Wiener Jahrb. d. Liter. Bd. CXV, Anzeigeblatt S. 44.
	        

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