Volltext: Beiträge zu einer kritischen Geschichte Vorarlbergs und der angrenzenden Gebiete besonders in der ältesten und älteren Zeit

Joseph Bergmann. Beiträge zu einer kritischen Geschichte Vorarlbergs 
d. i. Druser- oder Drusenthal vom Alpenbesieger Drusus ableiten *‘). Schon L. Munatius Planecus, 
der römische Colonien nach Lugdunum und Augusta Rauracorum (Augst bei Basel) gesandt hatte, war im 
Jahre 717 nach Erbauung Roms (37 J. vor Chr.) mit einem Heere ins rhätische Gebirg hereingedrungen 
und hatte aus der Beute bei Trient dem Saturn einen Tempel als Siegesdenkmal erbaut. Noch sieht man 
bei Cadine unweit Vezzano eine Inschrift , die dieses bezeugt. Um das Jahr Roms #31 schickte Augustus 
den Legaten Marcus Apulejus nach Trient, um auf dem Felsenhügel, der Verruca, jetzt Doss Trent 
heisst, eine Festung zu bauen. So sprechen die daselbst 1740 gefundenen marmornen Inschriftsteine, die 
Baron von Cresseri gedeutet hat *). 
Trient war ein römischer Waffenplatz, ward die Hauptstadt der alten Rhaetia prima. Hier im 
Innern der Alpen und Herr der: drei Pässe nach Italien liess Augustus seinen planmässigen Angriff 
gegen die trotzigen Alpenbewohner vorbereiten. Im Jahre 738 erschien Drusus in den Tridentini- 
schen Thälern, schlug die Rhätier und kehrte siegreich nach Rom zurück. (Vergl. Dio Cassius Lib. LIV. 
22.) Im neuen grossartigen Heereszuge des folgenden Jahres 739 wurde Rhätien endlich besiegt. 
Wir wollen über denselben einige Stimmen aus dem Alterthume, und zwar prosaische, histori- 
sche Stimmen, den poetischen gegenüber vernehmen, ihn mit nüchternem Auge besehen und schärfer 
beleuchten. 
Nach meinem Gefühle und nach Erwägung aller Umstände hat Horaz , August’s Hofdichter, in hohem 
lyrischen Schwunge diese Eroberung Rhätiens über das richtige Maass erhoben, ohne dass ich dadurch 
des Drusus grosse Talente und Tapferkeit im Geringsten schmälern möchte. Derselbe singt, wie bekannt 
in seinen Oden B. IV. 4: 
48 
„Videre Rhaetis 2) bella sub Alpibus 
Drusum gerentem Vindelieci (quibus 
Mos unde deductus per omne 
Tempus Amazoniä securi 
Dextras obarmet, quaerere distuli, 
Nee seire fas est omnia) ; sed diu 
Lateque vietrices catervae 
Consiliis juvenis revietae 
) Das churische Oapitulum Drusianum erstreckte sich nach Eichhorn’s Episcop. Curiens. Prolegom. p. XXVII von den zwei, im tirolischen 
Thale Paznaun zuoberst gelegenen Pfarren Ischgl und Galtür (urk. coltura) durch das obere Vorarlberg, zwischen dem Rhäticon und dem 
südlichen Gebirgszug des innern Bregenzerwaldes d. i. durch das Flussgebiet der Ill, bis an den Rhein und abwärts einschliesslich Götzis, 
Diese gewiss sehr alte kirchliche Eintheilung bestand bis zum 7. September 1808, wo durch die k. baierische Regierung dieser dem neuen Kö- 
Aigreiche im Pressburger Friedensschlusse zugefallene Landstrich. von dem Churer Sprengel getrennt und durch ein päpstliches Breve der Diöcese 
Brixen einverleibt wurde. Dieses Illthal bildete in mittlerer Zeit den untersten Theil des Churwalhen — oder Walgau’s, nach der 
einst darin churwelsch oder romanisch sprechenden Bevölkerung also genannt. Der innere, eigentliche Walgau ( Vallis Drusiana ), dessen 
Hauptort wohl Bludenz war, reichte bis an die Satainser Klause und links der Ill über Frastanz bis zum Fällengatter; der äussere mit den 
Hauptorten Rankweil, dann Feldkirch dehnte sich bis an den Rhein aus. Vgl. meine Mittheilung in den Wiener Jahrbüchern der Literat, 
1844, Bd. CV, Anzeigeblatt S, 10, und die zum CVI. Bde. vom k. k. F. M. L, von Hauslab entworfene , chromolithögraphirte Karte. — — 
Bemerkenswerth ist jedoch der Name DRUSO , den man in dem uralten, angeblich aus dem XI, Jahrhunderte stammenden Rodel der sämmt- 
lichen Einkünfte, Nutzungen des Hochstiftes Chur bei den Dörfern Schlins und Thüringen — mitten im Walgau — lieset: „In Seliene 
eecclesiae duae. Jugera VIII. Sunt in eadem villa Seliene mansi IT. Unum habet Druso, alterum Florentius,” Dann: Et in Turingos (sic) 
similiter, eum ecelesia, quae habet mansum I, Has habuit Druso. v. Mohr Cod. dipl. Nr. 393, pag. 285. Da an der Stirne dieses Rodels die 
Worte in pago vallis Drusianae stehen, so fällt diese Benennung in ältere Zeiten, Einige wollen auch von Drusus den Namen des Dorfes 
Trisen, Triesen und Drüsen im Fürstenthum Liechtenstein ableiten, das in alter Zeit Trisun hiess! 
Anmerkung. Die Meisten schreiben das Wallgau, meines Erachtens, ganz irrig, indem sie des Wortes erste Sylbe von vallis ableiten, 
Ich schreibe stets Walgau, da Wal aus Walhen (Churwalhengau) entstanden ist, vgl. wälsch oder welsch. Ferner schreibe ich 
der Walgau oder das Walgäu, indem in unsrem Lande selbst der gemeine Mann sagt: der Gau oder das Gäu, vergl. der 
Allgau, das Allgäu. 
2) Vgl. das römische Strassen-Monument von Maretsch. Eine antiquarische Abhandlung vom Grafen Benediet von Giovanelli in den Bei- 
trägen zur Geschichte, Statistik von Tirol und Vorarlberg. Innsbruck 1825, S. 19, und daselbst die betreffenden Belege. — Rudolf Kink’s 
akad. Vorlesungen über die Geschichte Tirols etc. Innsbruck, 1850, S. 44, 
3} Die andere, wohl minder richtige Lesart lautet: Videre Rh eti bella sub Alpibus Drusum gerentem et Vindelici,
	        

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