154 Joseph Bergmann. Beiträge zu einer kritischen Geschichte Vorarlbergs
Kloster im Prätigau, zu Lenz und Churwalden, wie auch dem Gotteshaus Chur wegen des Gerichtes
St. Peter in Schanfik und des inneren Gerichtes an der langen Wiesen mit der Lehenschaft unvergreiflich.
Mit den vier Reichslehen. helehnte dann Kaiser Friedrich. IIl., ddo. Grätz 27. December 1478 seinen Vetter,
den Erzherzog Sigmund '). Auch mit dem Bischof Ortlieb zu Chur fand wegen der beiden Gerichte in
Schanfik am 19. Mai 1479 eine Ausgleichung Statt”). Missftimmung und Misstrauen brachte das Herein-
dringen der österreichischen Herrschaft unter die Landleute dieser Alpenthäler, die bei den beiden andern
Bünden Unterstützung und Bestärkung in ihrem Sträuben fanden. Endlich vermochte das Zureden des
Grafen Gaudenz, der sie milde regiert und unter ihnen hausväterlich gewaltet hatte, und die Einmischung
der Eidgenossen von Luzern sie dem Erzherzoge zu huldigen, nachdem er ihre alten Rechte und Bünd-
nisse mit den beiden so eben genannten Bünden*) bestätigt, und nie einen Ausländer oder einen ihnen
unangenehmen Mann zum Landvogte über sie zu setzen, wie auch die Zollfreiheit in allen seinen Landen
zugesichert hatte.
Auf das Gericht Castels mit Jenaz — und wahrscheinlich auch auf das Gericht Schiers, welche
beide von des Grafen Gaudenz von Matsch Grossmutter herrührten, — hatte dieser seinen drei ledigen
Töchtern *) und deren Ehevögten als ihr Heiratsgut unterschiedenliche Gülten im Jahre 1488 verschrieben.
Die Tochtermänner haben in den Jahren 1500 und 1501 ihre Rechte, wie auch andere Matschische Gläu-
biger ihre Forderungen an den Grafen in den darauf folgenden zwei Jahren dem K. Maximilian abgetreten
und übergeben. Diese beiden Gerichte Castels, auf dessen Schlosse von nun an der österreichische
Landvogt sass, und Schiers das nach S. 150, Anm. 2, aus zwei Gerichten zusammengeschmolzen ist,
machten im Vereine mit den vorerwähnten VI Gerichten nunmehr die VIII österreichischen Gerichte , die
zusammen häufig, wiewohl nicht richtig „im Prätigau’’ genannt werden.
Diese. Gerichte hatten in ihrer Doppelstellung zu Österreich und den zwei Bünden in Hohenrhätien
den schwersten Stand. Sie traten zu den Eidgenossen gegen 'K, Maximilian 1. und den schwäbischen
Bund vom St. Georgenschild im blutigen Schwabenkriege, der die Marken von Basel bis gen Meran
verwüstete und durch den Basler Frieden am 22. September 1499 beendet wurde (vgl. S. 117). In Betreff
der VI Gerichte wurde festgesetzt: dass sie, die von dem von Matsch an Österreich erkauft seien und der
römisch königlichen Majestät als Erzherzoge von Österreich vormals geschworen haben , wiederum wie
vorher huldigen und schwören; ferner dass auch die II andern Gerichte (Castels und Schiers) ; so noch
nicht geschworen, Seiner Majestät schwören “und in aller Mass thun sollen, wie sie vormals dem von
Matsch gethan haben , doch dass Se. Majestät ihnen dieses Aufruhrs halber keine Ungnad oder Strafe auf-
legen, sondern. sie , wie sie vor an’das Haus Österreich in kaufsweise gekommen sind , gnädiglich halten
und bei dem Bündniss, so sie mit denen von Bünden vormals gehabt haben, bleiben lassen solle.
Schon im Jahre 1500 schloss K. Maximilian mit dem Bischof Heinrich zu Chur, dem dortigen Dom-
capitel und den drei Bünden zum Besten ihrer beiderseitigen Lande und Leute eine Vereinigung. Als
aber diese Einigung sich ihrem Ablaufe näherte , ward von beiden Seiten zur Erhaltung der Ruhe und des
Friedens von neuem ein erbliches und ewiges Bündniss und eine Einigung für sich und beidertheilige
Nachkommen und Nachfolger am 15. December 1518. kurz vor des Kaisers Tode eingegangen. In diese
1) Daselbst Urkunde Nr. XIX.
?) Eichhorn Episcop. Curiens. pag. 133 et Cod. probat. Nr. CXXII.
*) Nämlich mit dem obern oder grauen Bunde, der am 16, März 142% unter dem Ahorn zu Truns geschlossen wurde, und mit dem
Gotteshausbunde. Alle drei vereinigten sich bekanntlich zu.Vazerol im Jahre 1471.
Nach einer Urkunde im k. k. Haus-, Hof- und Staats-Archive. — Ausser diesen drei unehelichen Töchtern erzeugte Graf Gaudenz, der
am 24. April 150% starb und im Kloster Marienberg ruht, mit seiner Gemahlin Hippolyta Visconti-Simonetta aus Mailand, die
einzige Tochter und Erbin Katharina. Diese ehelichte 1498 Eberhard Freiherrn von Polheim, der am 1%, Mai 1505 mit den von
Matschischen Gütern belehnt wurde, Ihre drei Söhne Weikard, Hanns und Gaudenz von Polheim, verkauften 1537 ihre Güter an
die Ritter von Trapp, die auch das v. Matschische Stammwappen „drei blaue Flüge im silbernen Felde’” annahmen, — Ich schreibe nicht
Mätsch, sondern Matsch, vom Thale und Dorfe Matsch (Amatia) mit den in Trümmern liegenden Burgen Ober- und Untermatsch
hei Glurns, dem Hauptsitze der mächtigen Vögte von Matsch, Grafen zu Kirchberg.