Volltext: Beiträge zu einer kritischen Geschichte Vorarlbergs und der angrenzenden Gebiete besonders in der ältesten und älteren Zeit

148 Joseph Bergmann. Beiträge zu einer kritischen Geschichte Vorarlbergs 
von Alpenwirthschaft setzt ein jährlicher Zins von vier hundert und drei und siebzig Käsen — seien es 
auch Schafkäse — voraus. Sollte in einem oder kaum zwei Menschenaltern nach der ersten Ansiedelung 
so viel Landes aus der Urwaldung in Weideland und Heuwiesen zur Überwinterung zahlreichen Viehes 
umgeschaffen worden sein? Ich rücke die Urbarmachung von Davös um ein Jahrhundert über die gewöhn- 
liche Annahme hinauf, da schon im Jahre 1213 das Thal Tavauns 60 Käse und 4 Frischlinge zinsen 
konnte (vgl. S. 143). Auch 168 Ellen Tuches und 56 Schafe (Frischlinge) sind eine bedeutende Abgabe 
für jene Zeit bei noch geringer Bevölkerung des Hochthales. 
Die Hauptpuncte dieses Erblehenbriefes sind: 
1. Diese Ansiedler sind keine Leibeigene , sondern zinsende, freie Erblehenträger; denn sie 
zahlen nur fest bestimmten Zins, bleiben im beständigen, ewigen Besitze und sind, wenn sie ihren Zins 
entrichten, frei und Niemand hat mit ihnen zu schaffen. 
2, Wilhelm‘), soll Ammann sein; sollte er durch irgend eine Handlung sein Amt verwirken, so hat 
die Genossenschaft des Thales das Recht, einen Anderen zu wählen, also das freie Wahlrecht ihres 
Ammans, (wie die Rheinwalder). 
3. Die niedere Gerichtsbarkeit hat der Amman, die höhere über Diebstahl, Todschlag ete. 
gebührt den Herren von Vatz (gleichwie im Rheinwald). Wer im Thale etwas verschuldet, soll darin 
gerichtet werden. 
4. Wer bei ihnen sich häuslich niederlässt, geniesst denselben Schutz und Schirm, wie Wilhelm 
und seine Gesellen. 
5. Wer die Satzungen nicht befolgt, soll wegziehen. 
6. Bedarf man dieser Leute zu einer Reise, d. i. zu einem Kriegszuge , so soll man ihnen im ersten 
Hause derer von Vatz, zu dem sie kommen, ein Mahl geben, das heisst wohl: sie leben auf einem 
Kriegszuge für ihren Herrn ausserhalb ihres Gebietes auf dessen Unkosten. (Man vergleiche damit den 
5. Artikel der Rheinwalder Statuten.) 
7. Entrichten die Erblehenträger nicht jährlich ihren Zins, so soll man vom jeweiligen Ammann ein 
Pfand an Rindern, Ziegen und Schafen nehmen. 
Am Schlusse dieses Erblehenbriefes ist die Rede von zw&n Insigeln, die zur Bekräftigung ange- 
hängt sind. Wahrscheinlich ist oder war das eine vom Grafen Hugo mit der Werdenbergischen Kirchen- 
fahne oder dem Wappen von Heiligenberg, das andere von den genannten drei Herren von Vatz. 
“Ganz sonderbar klingt der Tag der Ausfertigung: „das geschach 1289 an dem achzehenden (!) 
Tag St. Bartholomei.” Sicherlich hiess es an dem achteden Tag, d. i. in der Oetave des h. Bartholo- 
mäus, am 1. September. 
Mich befremdet, dass Guler, da er in seiner Deduetion diesen Lehenbrief abdrucken liess , doch in 
seiner Rhaetia (Zürich 1616), von den Jahren 1250—1300, weder von Wilhelm dem Ammann und seinen 
Gesellen noch von dem Lehenbriefe irgend eine Erwähnung macht. Auch spricht er, der selbst Landam- 
mann auf Davös war, meines Wissens darin nicht von der ersten Ansiedelung--der Walser in jener 
Landschaft, welche ihm, dem Geschichtskundigen , aus Josias Simmler’s Vallesiae et Alpium deseriptio. 
Tiguri 157% bekannt sein musste, da er in der Vorrede von Simmler spricht. Dieser weiss das Jahr 1289 
genau anzugeben und scheint in Kenntniss von der Originalurkunde gewesen zu sein. Wann und wo, wird 
zum ersten Male dieser Urkunde erwähnt? Jene interessante Stelle bei Simmler, S. 51 ?), lautet: — 
‘) Dieser erste Ammann Wilhelm soll der Ahnherr der Beeli, die nachher den Beinamen von Belfort annahmen, gewesen sein. Er 
soll sein Haus zu Pravigan unter der Landstrasse, wo der Weg nach Strela und Schatzberg sich scheidet, gebabt haben. Der Name 
Wilhelmshof, hat sich bis heut zu Tage erhalten, — Die Churer Linie der Beeli, erlosch mit Abundius im März 1836. Marie Beeli 
v. Belfort, Gemahlin des Herrn Hieronymus Dietegen v. Salis-Grüsch, starb im 67. Lebensjahre am 1. September 1849 zu Chur, als ich dort 
anwesend war. Mehrere Zweige dieses Geschlechtes blühen im Bauernstande in der Landschaft Davos und in der Gemeinde zu Flims. 
| Nach der Leydner Ausgabe von Elzevir im J. 1633, p. 136
	        

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