146 Joseph Bergmann. Beiträge zu einer kritischen Geschichte Vorarlbergs
1. Walther und seine Erben nehmen die deutschen Bewohner des Rheinwalds vom "Thale
Schams bis zum Vogelberg mit ihren Personen, mit Hab’ und Gut, wenn diese wider Recht Jemand dies-
seits des Gebirges angriffe oder ihnen etwas vorenthielte, auf so lange in seinen und respective in ihren
Schutz, als er und seine Erben sie schützen können.
9. Erlaubt er ihnen die freie Wahl ihres Ammanns aus ihrer Mitte!) , der nach ihrem Gewohn-
heitsrechte ihre Angelegenheiten zu richten und zu schlichten hat, mit Ausnahme über Diebstahl und Tod-
schlag , die dem Schirmherrn vorbehalten bleiben. Was jener Ammann entweder wegen Gewaltthätigkeit,
Zwietracht oder irrigen Ausspruches nicht entscheiden kann , soll vor (coram) Walther und seinen Erben
gerichtet werden.
3. Die guten und zweckmässigen Satzungen (statutla), die diese Deutschen unter sich festgestellt
haben, will er für genehm und fest halten. Ja er. erlaubt ihnen ihre Statuten, Briefe und Satzungen,
wenn es die Noth erheischt , zu erneuern, verbessern , hinzu zu setzen und wegzunehmen.
4, Dagegen entrichten die Rheinwalder jährlich zu Martini nach gerechter Repartition 20 Pfd.
Mailändisch (mezanorum) so lange, als die von Vatz sie zu schirmen. vermögen.
5. In Kriegen, Reisen und Aufläufen (in gquerris et raisis et in strepitu) dienen sie und ihre Erben
diesseits der Berge mit ihren Leibern getreu und ohne Falsch da, wohin Walther, und seine Erben wollen
und es ihnen Noth thut. Letztere aber verpflichten sich jenen alle ihre Ausgaben ungeschmälert und voll
zu ersetzen , von der Stunde oder dem Tage an, wo sie von Haus und ihrem Thale geschieden, bis zu
ihrer Heimkehr.
Der Inhalt dieses Rheinwalder Schirmbriefes hat, besonders wenn man dessen Artikel 2 und 5 mit
Artikel 6 und 9, des Davoser Erblehen-Briefes vom J. 1289 vergleicht, letzterem und den nachherigen
sogenannten „Walserrechten” in Graubünden, Laterns und dem obern Walserthale in Vorarlberg
ersichtlich als Grundlage und Muster gedient.
Walther war in erster Ehe mit Agnes von Matsch (Nexia Venosta, d. i. der Vinschgauerin)
vermählt, und nach deren kinderlosem Tode mit Liucarde ‚oder Liutgar d, Tochter des Grafen
Eberhard von Kirchberg an der untern Iller, die nach von Mohr, Nr. 278, am 6. Juli 1275, als seine
Gemahlin erscheint. Ich bezweifle, dass Walther durch eine dieser Vermählungen Schams — nach von Salis-
Seewis obiger Angabe — durch Heirat, und dazu noch im Jahre 1277, an sich gebracht habe. Es muss
vorher nachgewiesen werden, dass diese Landschaft den mächtigen Vinschgauischen Herren von Matsch
oder den schwäbischen Grafen von Kirchberg damals gehört habe. Dies angenommen, lebten nicht von beiden
Geschlechtern männliche Verwandte, die nicht leicht von ihrem Besitzthume etwas abkommen liessen?
Dass diese Liutgard dessen Gemahlin gewesen, bestätigt auch das Necrologium Curiense, in dem es mit
klaren Worten beim 2%. Mai heisst: 1326, Dna Lucardis mater Dni Donati de Vatz obüt.
Walther starb nach eben demselben Neerologium am 4, November 1284. Die beiden Söhne J ohann
und Donat wurden dem betagten Walther geboren. Bei v. Salis-Seewis Abth. IL, 80 und 81, sind in zwei
Urkunden, welche Vergabungen zu ihres Vaters Seelenruhe, an das Kloster Churwalden enthalten, nur die
zwei erwähnten Söhne genannt. Es heisst in der ersten vom 2) April 1285, im Eingange: „Relicta
quondam (d. i. weiland), nobilis viri dni Waltheri de Vatz nee non Johannes et Donatus filii
ejusdem.” Sie waren zweibändige, leibliche Brüder und noch unter Vormundschaft, was sich aus den
Worten: „de consensu et consilio nostrorum militum et amicorum, schliessen lässt. In der zweiten
Urkunde vom 1. Juni 1285, heisst es ebenso: „Notum sit — quod ego Relicta quondam nobilis viri
Waltheri de Vatz nec non Johannes et Donatus filii eiusdem de con sen su omnium militum
nostrorum assignamus et dare volumus libere per presentes diseretis viris et religiosis preposito et con-
ventui de Churwalde dyoec. Curien. de Curti seu curia nostra de Luminne (Lumins) in valle Vatz in
1) — do eis liberam potestatem inter se ministrum aceipiendi quem voluerint — wohl mit Übergehung der Romanen.