Lustenau und das übrige Rheintal.
nur ein kühlender Tropfen auf den heissen Stein der Not. Die Ver-
hältnisse wurden stets unerträglicher.
Wir haben schon ausgeführt, dass nun seit 1892 eine interna-
tionale Pheinregulierung, die Oesterreich und die Schweiz vereinbart
haben, im Werke ist. Lustenau liegt in der Mitte zwischen den
orossen Kanälen, dem untern und obern neuen Rhein. Sowohl der
bereits erstellte untere wie der obere Rheindurchstich, an dem
hunderte von braunen Söhnen Italiens und gewaltige Maschinen
arbeiten, sind technisch hochinteressante Bilder eines segensreichen
Kulturwerks. Die gesamte Rheinregulierung erstreckt sich von der
Mündung der Frutz bis an die Mündung des Stroms in den Boden-
see. Der alte Rhein wird mit Ausnahme des kurzen Stückes bei
Lustenau ein kleiner Fluss, der im obern Teil die vorarlbergischen,
im untern die schweizerischen Binnengewässer aufnimmt. Er bildet
fernerhin die Grenze der beiden Länder. Die durch den untern
Rheinkanal auf die Schweizerseite des Stroms geschobenen vorarl-
bergischen Ortschaften Höchst und Fussach sind vorarlbergisch
geblieben, und das Schweizerdorf Diepoldsau, das durch den obern
kanal auf das vorarlbergische Ufer gerückt wird, bleibt schwei-
zerisch. Stattliche eiserne Brücken verbinden die Gemeinden, die
ihre Ufer gewechselt haben, mit den angestammten Heimatländern.
So hübsch ein Abstecher an den Rhein ist, reizender bleibt
doch die Bergwelt.
In Hohenems haben wir sie wieder aus erster Hand. Der
südlich von Dornbirn an der Staatsbahn gelegene Flecken ist ein
fesselndes Bild steilaufstrebender Felsklippen-üppig frischer Buchen-
wälder und der Romantik einer stolz erhaltenen und einer in
Trümmern liegenden Burg. Die noch stolz in die Lande schaut,
ist der Glopper oder Neuems, die gebrochene, das Tal höher über-
ragende die Ruine Altems. Der Markt selber, ein stattlicher Ort,
mit 5700 Einwohnern, drängt sich auch so reizvoll ans Gebirge,
dass er schon manchem Maler als Vorlage diente.
Geschichte und Gegenwart, Romantik und Praktik gehen in
Hohenems merkwürdig durcheinander. Eine grosse Baumwoll-
druckerei arbeitet, die Webstühle sausen und ein stattliches Schwimm-
bad inmitten des Marktes trägt den Zug moderner Gesundheits-
pflege in den volksbelebten Ort. In der Pfarrkirche aber, einer der
schönsten des Landes, ruhen die ehemaligen ritterlichen Geschlechter
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