Volltext: Vorarlberg und Liechtenstein

Das Klostertal und der Arlberg. 1 
sich Sommerleben niedergelassen hat und den Tag in kühlem Wald 
und malerischen Schluchten verbringt. 
In die Hochtalstimmung blicken noch einmal weissaufleuchtend 
Zimbaspitze und Scesaplana, und nach ein paar Lokomotivstössen 
über die Trümmerwelt des Bergsturzes, der im Sommer 1892 über 
die Arlbergbahn niederging, sind wir in Langen, am 1218 Meter 
hoch gelegenen vorarlbergischen Portal des grossen Arlbergtunnels, 
der den Berg in einer Länge von 10250 Meter durchbohrt und auf 
einer Scheitelhöhe von 1311 Meter kulminiert. 
Über eine Brücke der Alfenz schlüpft die Bahn in den rauchigen 
Schlund, den die schnellsten Züge in siebzehn Minuten durchfahren. 
Wir bleiben in der freien Gotteswelt, rasten aber nur kurz in Langen, 
dem eng zusammengedrängten Dörfchen von Eisenbahngebäuden 
und Gasthäusern, dann pilgern wir auf der alten Arlbergstrasse eine 
kleine Gehstunde aufwärts und treten, wie der Volkswitz sagt, in 
„des Kaisers grösste Stuben“. Warum die grösste? Weil sie fünf- 
undzwanzig Öfen hat, an denen sich hundertdreissig Leute wärmen. 
Der mächtige Mauerkeil hinter dem Dörfchen Stuben, der die gegen 
die Häuser niedersausenden Lawinen spaltet und sie seitwärts 
drängt, erinnert uns an die Schrecken des langen Winters im 
Bergdorf, aber so recht im Gegensatz dazu erfüllt der Sommer 
das Hochtal mit innigster Naturfreude. Alpenrosenfelder leuchten 
glutrot von den Hängen, und durch die Pracht der Alpenblumen 
spielt das Sommerfrischeleben und steigen die Touristen zu Berg. 
Unsere Wandergedanken führen uns die vom Handelsverkehr 
zwar verlassene, aber in der Schätzung der Touristen immer noch 
gross angesehene Strasse empor auf die Passhöhe des Arlbergs. 
Gleich oberhalb des Dörfchens Stuben macht die Strasse eine 
Wendung, und der Rückblick auf das Klostertal, die Zimbaspitze 
und Scesaplana fesselt Auge und Sinne. Immer öder, immer wilder 
wird der Weg. In Stürzen braust die junge Alfenz, um die Weiden, 
auf denen das Vieh geht, ragen die Berge in der Blösse ihres 
Gesteins; ein ehemaliges Wegmacherhaus, die Rauz, erinnert an 
die Zeit, da hier oben die wetterzähen Rutner mit Schneegestöber 
und Stosswinden um die Offenhaltung des Passes kämpften. Auf 
anderthalbstündigem Marsch erreichen wir die 1802 Meter hohe 
Passhöhe, an deren Sattel sich die Wasser scheiden. „Zum Rhein, 
zur Nordsee!“ flüstern die einen, „zur Donau, zum Schwarzen 
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