Volltext: Vorarlberg und Liechtenstein

Das Klostertal und der Arlberg. 
Muhr- und Lawinenverbauungen ein technisches Schaustück ersten 
Ranges, das den Reisenden fortwährend in Atem hält. In der Berg- 
flanke, an der wir dahinfahren, öffnen sich Wildschluchten wie 
Zerrbilder einer überhitzten Phantasie; in ihre Abgründe flattern 
die weissen Bergbäche; über sie türmen sich trotzig, verwittert und 
in abenteuerlichen Formen, die Kalkfelsen Stierkopf, Weisses. Rössl], 
Pitschi- und Rogelskopf, grau gähnen die Muhr- und Lawinenzüge, 
als blickten dämonische Naturgeister drohend hervor, um so reizender 
aber sind die Bilder auf der aussichtsreichen . rechten Seite der 
Bahn. 
Da folgen sich die wunderhübschen Idyllen des Klostertales. 
Es sind Dorfschaften, die einst vom Verkehr der Arlbergstrasse 
lebten, in denen nun aber das Hammerlied des Hufschmieds ver- 
klungen ist, der Wagner keine neuen Speichen mehr in zerbrochene 
Räder zu setzen hat, der Seiler keine Stricke mehr spinnt und die 
grossen, stattlichen Landgasthöfe, die so viel fröhliche Einkehr ge- 
sehen haben, fast eine wehmütige Teilnahme erregen. Eine eigen- 
artige Stimmung schwebt über den Dörfern, die, von der Lokomotive 
nur flüchtig gegrüsst, hoch an den Berg steigen. müssen , wenn 
sie der Welt der Gegenwart auf ihren Stationsanlagen guten Tag 
sagen wollen. 
Die erste dieser Ortschaften ist Braz, dem noch ein weiter 
freier Blick in den Walgau hinaus gegönnt ist. Von Tannen und 
Buchen umkränzt liegt die kleine Sommerfrische und erquickt das 
Auge mit den Schleiern und Stürzen kecker Wasserfälle. Hinter ihr 
verengt sich das Tal; wo es sich wieder zu einer frischlieblichen 
Mulde weitet, winkt, bereits 870 Meter hoch, das Dorf Dalaas, dessen 
Jahresstillleben in der Sommerzeit ebenfalls durch den Besuch von 
Kurgästen unterbrochen wird. Der dichte Wald des Kristberges 
winkt; der von Eichen und Buchen umschmückte Hügel, auf dem der 
Bahnhof und die neue schöne Kirche stehen, gewährt eine Weitschau, 
die durch das Aussichtsfenster des Walgaus bis in die Appenzeller- 
berge reicht. Man spaziert in den Radonawald oder in die Radona- 
schlucht, eine der wildesten unter jenen Gebirgsklüften, die gegen 
die Arlbergbahn ausmünden und uns wie die Heimaten des wilden 
Heeres erscheinen. Am Eingang erinnert eine Gedenktafel an den 
berühmten Touristen Douglass, dessen Namen die Lünerseehütte 
trägt; in einem Hochgewitter hat er in dieser Schlucht den Tod 
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