2.2
Entwicklung direktdemokratischer
Instrumente nach 1921
Verfassungen sind keine statischen Normenwerke, obwohl sie in der
Regel im Kerngehalt relativ langen Bestand haben. Sie werden immer
wieder den aktuellen Entwicklungen und Notwendigkeiten angepasst.
Gerade in einem Rechtssystem wie in Liechtenstein, in dem es der Stu-
fenbau der Rechtsordnung gebietet, dass Gesetze und Verordnungen
verfassungskonform sind, andernfalls der Staatsgerichtshof solche
Bestimmungen ausser Kraft setzen könnte, muss beispielsweise bei einer
Ánderung des Volksrechtegesetzes nicht selten im gleichen Zug die Ver-
fassung geändert werden. Verfassungsánderungen sind demnach in
Liechtenstein keine Seltenheit. Wie bereits dargelegt, sind im Unter-
schied zur Schweiz für Verfassungsánderungen, von wenigen Ausnah-
men abgesehen, keine Volksabstimmungen zwingend notwendig. Es fällt
in die Kompetenz des Landtages, solche Änderungen zu beschliessen,
vorbehaltlich der Sanktion durch den Landesfürsten. Für Verfassungsän-
derungen ist Stimmeneinhelligkeit des Landtages oder die Zustimmung
von drei Vierteln der anwesenden Mitglieder in zwei aufeinanderfolgen-
den Landtagssitzungen erforderlich.16?
Im Zuge der Weiterentwicklung der Verfassung waren auch die
direktdemokratischen Rechte mehrfach betroffen. Am Instrumentarium
der direkten Volksrechte selbst hat sich dabei bis 1992 in der Verfassung
nichts Grundlegendes geándert. Bis dahin waren lediglich das Limit für
Finanzreferenden und / oder die Quoren der benótigten Unterschriften
1947 und 1984 (1984 im Zuge der Einführung des Frauenstimmrechts)
nach oben korrigiert worden. Die Erhóhungen geschahen wegen der
Zunahme der Zahl der Stimmberechtigten bzw. dem Anstieg des Staats-
169 Art. 111 Abs. 2 LV (Stammfassung) bzw. Art. 112 Abs. 2 LV (aktuell).
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