Volltext: Direkte Demokratie in Liechtenstein

Direkte Demokratie weltweit und der Fall Liechtenstein 
baidschan mit der Vielzahl an einzeln gezählten obligatorischen Abstim- 
mungen zur Abänderung von Artikeln der Verfassung.® 
Während in der ersten Beobachtungsperiode zwischen 1945 und 
1969 erst in drei europäischen Staaten Volksabstimmungen aufgrund von 
Initiativen und Referenden durchgeführt wurden, war dies in der letzten 
Periode von 1990 bis 2013 in dreizehn Staaten der Fall. Die Zahl der 
Volksabstimmungen erhöhte sich in diesen Perioden ebenfalls markant — 
im Mittelwert von knapp vier auf über 15 Abstimmungen pro Jahr. 
Ausserdem wird ersichtlich, dass Volksabstimmungen insbesondere in 
osteuropäischen Staaten Aufschwung erhielten, da nach dem Mauer- 
fall 1989 neue Staaten mit neuen Verfassungen entstanden sind, in de- 
nen den Volksrechten mehr Gewicht beigemessen wurde. So rangieren 
in Tabelle 8 Slowenien, Ungarn, die Slowakei, Litauen, Lettland, die 
Ukraine, Georgien, Mazedonien und Serbien. Andererseits tauchen die 
meisten westeuropáischen Staaten in der Tabelle nicht auf. 
Hintergrund für den Aufschwung der direkten Demokratie welt- 
weit ist unter anderem die zunehmende Bildung der Bürgerinnen und 
Bürger in allen Gesellschaften, der begleitet ist vom Rückgang autori- 
tirer Einstellungen, von zunehmendem Individualismus, wachsenden 
Lebensansprüchen und damit auch Ansprüchen auf Selbstbestimmung 
und Selbstentfaltung. Von dieser Warte aus ist es ein kleiner Schritt, um 
sich auch der Selbstbestimmung in politischen Fragen anzunáhern und 
solche einzufordern. Das allgemeine Wahlrecht ist eine erste Etappe auf 
diesem Weg, der Ausbau direktdemokratischer Rechte und regelmässige 
Bürgerbefragungen sind weitere Ausbauschritte. Flankiert wird diese 
Entwicklung von einem Legitimationszwang der Politik in der Demo- 
kratie, wobei im Falle einer tatsáchlich oder vermeintlich abgehobenen 
und bürgerfernen Classe Politique die Legitimation besonders leidet. 
Die politischen Eliten suchen daher selbst nach Wegen zur Legitimie- 
  
80 Die hohe Zahl an Abstimmungen beruht insbesondere auf dem Instrument der obli- 
gatorischen Volksabstimmung bei Verfassungsänderungen. Dabei wurden allein am 
18. März 2009 über insgesamt 29 Änderungen von Artikeln der Verfassung abge- 
stimmt, die allerdings jeweils einzeln ausgezählt wurden und somit als 29 Abstim- 
mungen angesehen werden. Über weitere acht Artikel wurde in den als acht Ab- 
stimmungen registrierten obligatorischen Referenden vom 24. August 2002 abge- 
stimmt. Ferner kommt noch eine obligatorische Abstimmung im Jahr 1995 hinzu. 
Die beiden Plebiszite in den Jahren 1991 und 1993 ordnen wir hier ohnehin nicht 
den direktdemokratischen Rechten zu. 
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