Hauptkonflikte innerhalb der Themenschwerpunkte
6.3.4.2 Schwangerschaftsabbruch
Im März 2005 wurde die Initiative «Für das Leben» angemeldet, die den
Katalog der Staatsaufgaben in der Verfassung auf den Schutz des Lebens
von der Zeugung bis zum natürlichen Tod ausweiten wollte. Es ging
dabei insbesondere um die Verhinderung von Schwangerschaftsabbruch
und von Sterbehilfe. Der Landtag lehnte das sehr weit gehende Begehren
ab und formulierte einen Gegenentwurf, welcher den Schutz des Lebens
in der Verfassung unter den allgemeinen Rechten und Pflichten der Lan-
desangehórigen verankern wollte. Daraus war kein generelles Verbot
von Abtreibung und Sterbehilfe ableitbar und für künftige Regelungen
Spielraum vorhanden. Bei der Volksabstimmung im November 2005
wurde die Initiative «Für das Leben» in allen Gemeinden von insgesamt
81,3 Prozent klar abgelehnt. Der Gegenvorschlag des Landtages wurde
mit 79,6 Prozent Ja-Stimmen dagegen hoch angenommen. Die Abstim-
mung erfolgte nach dem Verfahren des doppelten Ja, wobei die Auszäh-
lung der Stichfrage nicht notwendig war, da nur eine Vorlage die Mehr-
heit erreichte.5»?
Eine Volksinitiative zur Liberalisierung des Schwangerschaftsab-
bruchs wurde von der Arbeitsgruppe Schwangerschaftsabbruch im
Mirz 2011 angemeldet und gelangte im September 2011 zur Abstim-
mung. Hauptanliegen war die Entkriminalisierung des Schwanger-
schaftsabbruchs, da das liechtensteinische Recht ein weltweites Verbot in
fast allen Fällen vorsah. Die Abstimmungskampagne wurde begleitet
von der Ankündigung eines Vetos durch Erbprinz Alois, falls die Vor-
lage an der Urne eine Mehrheit finden würde. Mit 47,7 Prozent Ja-Stim-
men scheiterte die Initiative knapp.”
533 LILA DM2005/15 A. www.abstimmung.li. Figene Archivunterlagen.
534 www.abstimmung.li. Eigene Archivunterlagen. Die Vetoankündigung führte zu ei-
ner geringeren Stimmbeteiligung und dürfte insgesamt dazu beigetragen haben, dass
die Initiative knapp scheiterte. Eine repräsentative Meinungsumfrage im Nachgang
zur Volksabstimmung im Auftrag der Demokratiebewegung zeigte allerdings auch,
dass Vorbehalte gegen die Initiativvorlage bestanden. Insbesondere war keine expli-
zite Frist vorgesehen, innert welcher eine Abtreibung von Embryonen mit nach-
weislicher Behinderung zulässig sein sollte. Dieser Punkt wurde von den Gegnern
der Initiative in der Abstimmungskampagne mit Erfolg stark in den Vordergrund
gerückt. Resultate der Umfrage bei Marxer 2011b; Liechtensteiner Vaterland und
Liechtensteiner Volksblatt vom 13. Oktober 2011.
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