Hauptkonflikte innerhalb der Themenschwerpunkte
nach dem im gleichen Zeitraum stattfindenden Urnengang in der
Schweiz ansetzen, während Fürst Hans-Adam II. den Termin vor der
Schweizer Volksabstimmung festlegen wollte. Beide stützten sich in
ihrer Argumentation auf rechtmässige Kompetenzen — der Fürst auf
seine in der Verfassung definierte besondere Rolle in der Aussenpolitik,
die Regierung auf ihre Verwaltungskompetenzen. Die Auseinanderset-
zung kulminierte in der Drohung des Fürsten, den Landtag aufzulôsen,
die Regierung zu entlassen und mit Notrecht zu regieren. Während der
Krisengespräche und Verhandlungen kam es am 28. Oktober 1992 zu
einem Volksauflauf vor dem Regierungsgebäude, wo der Fürst mit Pfif-
fen und Buhrufen empfangen wurde. Die Auseinandersetzung endete
mit der als Kompromiss bezeichneten Vereinbarung, dass der Urnen-
gang eine Woche nach der Schweizer Abstimmung erfolgen sollte, dass
aber auch im Falle eines Neins der Schweiz zum EWR die Regierung
weiterhin für einen Beitritt zum EWR eintreten würde. Der weitere Ver-
lauf in dieser Sache war, dass das Schweizer Stimmvolk mehrheitlich mit
«Nein» stimmte, der Fürst und der Regierungschef in der Woche vor der
Abstimmung in einem Auftritt im Landeskanal für ein EWR-Ja warben
und die Abstimmung in Liechtenstein tatsächlich mit einer mehrheitli-
chen Zustimmung endete.
Die Dringlichkeit einer Klärung der verfassungsmässigen Kompe-
tenzen der Staatsorgane war offenkundig geworden, thematisiert unter
anderem auch in den Thronreden des Fürsten im Mai 1993 und im Feb-
ruar 1994. Im Jahr 1994 wurden auch erstmals Änderungsvorschläge des
Fürsten zur Verfassung in die Vernehmlassung gegeben. Sie bezogen sich
damals lediglich auf die Art. 13ter LV (Misstrauensvotum gegen den
Fürsten und Monarchieabschaffung) und verschiedene Artikel zur Rich-
mungsverhalten in der Schweiz, vor allem der Ostschweiz. Er habe auch erfahren,
dass eine gleichzeitige Mitgliedschaft im Zollvertrag und im EWR möglich sei.
Regierung und Landtag hätten dagegen nur eine Mitgliedschaft im Gleichschritt mit
er Schweiz für möglich gehalten. Die Zeit um die Staatskrise vom 28. Oktober 1992
wertet er insofern positiv, als die bereits früher bestehenden Probleme nun offen-
kundig geworden seien und dies ihm die Möglichkeit gegeben habe, seine Vorstel-
lungen über eine Verfassungsrevision schliesslich zu realisieren. Dies sei ihm daher
nicht ungelegen gekommen (als Stellungnahme im Liechtensteiner Vaterland, als
Leserbrief im Liechtensteiner Volksblatt vom 7. September 2012 abgedruckt).
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