Volltext: Direkte Demokratie in Liechtenstein

Hauptkonflikte innerhalb der Themenschwerpunkte 
6.3.1.6 Doppeltes Ja bei Abstimmungen 
In unserer Kategorie der Volksabstimmungen über das Wahlrecht und 
die politischen Rechte wurde ausserdem im Jahr 1987 das Abstim- 
mungsverfahren mit dem doppelten Ja mit Stichentscheid eingeführt, 
falls mehr als eine Vorlage zum gleichen Sachverhalt zur Abstimmung 
gelangt. Die Initiative ging von der Freien Liste aus. Der Hintergrund 
war, dass bei der Abstimmung über die Erhöhung der Zahl der Land- 
tagsmandate 1985 und über die Einführung eines Gleichstellungsartikels 
in der Verfassung — ebenfalls 1985 — jeweils zwei Vorlagen gleichzeitig 
zur Abstimmung vorlagen, die sich wechselseitig ausschlossen. Nach dem 
damals gültigen Abstimmungsverfahren musste man sich für eine der 
beiden Vorlagen entscheiden oder beide ablehnen. Die beiden konkur- 
rierenden Initiativen zur Erhóhung der Zahl der Landtagsmandate er- 
reichten 39,0 bzw. 43,6 Prozent der Stimmen. Obwohl nur 17,4 Prozent 
für den Status quo stimmten, scheiterten beide Initiativen und es blieb 
alles beim Alten. Bei der Abstimmung über die Gleichberechtigungsini- 
tiative und den Gegenvorschlag des Landtags waren die Verhältnisse 
weniger deutlich. 23,3 Prozent votierten für die Initiative, 28,3 Prozent 
für den Gegenvorschlag. Eine Minderheit von 48,4 Prozent war für den 
Status quo, welcher aber trotzdem erhalten blieb, weil keine Vorlage eine 
Mehrheit der Stimmen erreicht hatte. 
Der Initiative der Freien Liste war ein Postulat der FBP im Landtag 
vorausgegangen, welches die Regierung beauftragte, nach Lösungen zu 
suchen, damit die Volksrechte nicht dadurch geschmälert würden, dass 
mehrere Vorlagen zum gleichen Sachverhalt ein wahrscheinliches Schei- 
tern aller Vorlagen bedeute. Die Initiative der FL kam der endgültigen 
Abklärung der Regierung zuvor. Der Landtag holte beim Staatsgerichts- 
hof ein Gutachten ein, ob das in der Initiative vorgeschlagene Verfahren 
verfassungskonform sei. Dies war der Fall. Der StGH erachtete sowohl 
die von der FBP favorisierte Variante der bedingten Hauptabstimmung 
wie auch die in der FL-Initiative geforderte bedingte Eventualabstim- 
mung als verfassungskonform.*? Zweifel an der Verfassungsgemissheit 
wurden vor allem von der VU geäussert. Der Landtag stimmte schliess- 
  
472 StGH 1986/10 vom 6. Mirz 1987, in: LES 1987, S. 148—153. Bei der bedingten 
Hauptabstimmung gelangen im Falle mehrerer Vorlagen (Vorlage A, Vorlage B usw., 
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