Volltext: Direkte Demokratie in Liechtenstein

Einleitung 
tionsverhalten schichtspezifisch ausfallen, wobei in der Regel die Gebil- 
deten mit höheren Einkommen sowie Ältere häufiger am Urnengang 
teilnehmen. Die theoretisch bessere Informiertheit der Bürgerinnen und 
Bürger* kontrastiert mit dem Befund, dass häufig über Abstimmungs- 
gegenstände wenig oder ungenügend Kenntnis herrscht.“ Das Elite- 
verhalten erweist sich daher als wichtige Richtschnur für das Abstim- 
mungsverhalten”, sodass die Idee des mündigen, informierten Bürgers 
ins Wanken gerat.*8 Dabei wird auch die Frage nach der Käuflichkeit von 
Abstimmungen aufgeworfen.? Neben manchen weiteren Vorbehalten 
gegenüber der direkten Demokratie — wie etwa mangelnde Rationalität 
von Entscheidungen, Demagogie in der Abstimmungskampagne, man- 
gelnder Minderheitenschutz® und populistische oder parteipolitische 
45 Siehe Büchi 2007; Benz und Stutzer 2007. 
46 Ausführlich bei Milic et al. 2014, S. 263-282. Matsusaka (2011, S. 19f.) begegnet die- 
sem Argument mit dem Hinweis darauf, dass auch ohne explizites Wissen aufgrund 
vielseitiger kommunikativer Kontakte letztlich die meisten mehr oder weniger 
genau wissen, worüber sie abstimmen, und aus ihrer Sicht vernünftige Entscheidun- 
gen treffen. Zu diesem Schluss gelangt auch Kirchgässner (2014), da die direkte 
Demokratie in der Schweiz in der Regel zu vernünftigen finanzpolitischen Ent- 
scheiden geführt hat und ausserdem auch die Repräsentativorgane nicht vor kontra- 
produktiven Entscheidungen gefeit sind. Schlozman und Yohai (2011) stehen der 
kognitiven Mobilisierung durch direktdemokratische Verfahren weit skeptischer 
gegenüber. Daher werden neben direktdemokratischen Verfahren auch andere For- 
men der Involvierung der Bürgerinnen und Bürger in Top-Down- oder Bottom- 
Up-Verfahren aus wissenschaftlicher Perspektive mit Interesse verfolgt. Siehe etwa 
die Beiträge in Amná (Hg.) 2010, Rómmele und Banthien (Hg.) 2013 oder Geissel 
und Joas (Hg.) 2013. Lupia und Johnston (2001) verorten das Problem der Infor- 
miertheit und Kompetenz der Bürger weniger bei den Stimmberechtigten selbst, die 
sich auch gut an Empfehlungen von Interessengruppen orientieren kónnen. Gravie- 
render ist für sie die Rolle der Eliten, die den Referendumsprozess steuern und bei- 
spielsweise dafür sorgen kónnten, dass alle Betroffenen in der Offentlichkeit Gehór 
finden und dass über die finanziellen Unterstützungen Transparenz herrscht. 
47 Zum eliteorientierten Abstimmungsverhalten siehe Kriesi 2007 sowie Kólliker 2007 
zum Einfluss von Interessengruppen. Ferner auch Kissau und Rosset 2010; Her- 
mann 2014; Asimakopoulos 2015. 
48 . Besonders krass in diesem Zusammenhang die Verfassungsabstimmung in Liechten- 
stein im Jahr 2003. Siehe Marcinkowski 2007; Marcinkowski und Marxer 2010, 
2011. 
49 Siehe Kap. 6.5.4. 
50 Siehe diverse Beitráge in den Sammelbánden von Marxer (Hg.) 2012c; Vatter (Hg.) 
2011; ferner Christmann 2014; Danaci 2012; Milic et al. 2014, S. 365—378; Vatter und 
Danaci 2014. Mit Fokus auf die Vereinigten Staaten von Amerika: Haider-Markel 
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