Volltext: Direkte Demokratie in Liechtenstein

Beschwerdemöglichkeiten 
Bemerkenswert ist bei dieser Auslegung, dass der StGH darin — wie auch 
die VBI in ihrer Auslegung - eine Fortführung der Rechtsauslegung des 
StGH sieht. Er zitiert dazu den StGH-Entscheid von 199012, legt aber 
den darin enthaltenen Begriff des «Abstimmungsverfahrens» in Abwei- 
chung vom Urteil der VBI so aus, dass er sich nur auf die dritte der oben 
erwáhnten Phasen beziehe, weil erst dann das eigentliche Abstimmungs- 
verfahren beginne. Der Inhalt des Entscheides mit der Beschwerde- 
abstufung nach Verfahrensabschnitt kónnte überzeugen, wenn dies die 
angestammte Haltung des StGH gewesen wáre. Irritierend ist indes, dass 
der StGH eine bis dahin durchgehende, gefestigte Auslegung korrigiert 
hat. Einer náheren Betrachtung hält diese Rechtsauffassung des StGH 
nach Meinung des Autors nicht stand, wie im Folgenden dargelegt wird. 
Betrachten wir den ersten Verfahrensabschnitt und nehmen an, 
dass jemand eine Initiative anmeldet, der dazu gar nicht befugt ist (etwa 
ein Ausländer oder ein Minderjähriger). Wenn die Regierung dies über- 
sieht, wird sie die formale Zulässigkeit feststellen. Anschliessend leitet 
die Regierung einen Bericht mit der Feststellung der formalen Zulässig- 
keit, einer teilweise materiellen Prüfung und einem Bericht zur Verträg- 
lichkeit oder Nichtverträglichkeit mit der Verfassung und Staatsverträ- 
gen an den Landtag. Der Landtag kann auf die formelle und formale 
Zulässigkeit nicht mehr eingehen, sondern nur die Verträglichkeit mit 
der Verfassung und den Staatsverträgen prüfen und sodann Zulassung 
oder Nichtigkeit (Unzulässigkeit) beschliessen. An keiner Stelle des Ver- 
fahrens, auch nicht in der zweiten oder dritten Phase, könnte die allen- 
falls falsche Entscheidung der Regierung über die Zulässigkeit der Initia- 
tive korrigiert werden. Der Initiant seinerseits wird kein Interesse daran 
haben, gegen die Zulässigkeitsentscheidung der Regierung Beschwerde 
zu erheben. Es ist also geradezu notwendig, dass die Stimmbürger insge- 
samt die Möglichkeit haben, bereits gegen den Regierungsentscheid Be- 
schwerde zu erheben. 
Dies gilt auch für alle anderen formellen, formalen und materiellen 
Prüfkriterien. Nehmen wir etwa als Beispiel ein Begehren auf Auflösung 
des Landtages. Wenn die Regierung dem Begehren stattgibt, obwohl das 
Volk innerhalb eines Jahres bereits einmal darüber abgestimmt hat, muss 
es eine Beschwerdemöglichkeit gegen diesen Regierungsentscheid ge- 
  
425 StGH 1990/6 vom 2. Mai 1991, in: LES 1991, S. 133. 
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