Beschwerdemöglichkeiten
Initiative ebenso wie gegen vermutete materielle Verstösse einer Vorlage
Beschwerde erheben können. Genauso wäre nach dieser Auslegung Be-
schwerde gegen eine Zulässigkeitserklärung des Landtages möglich, ob-
wohl dies, wie weiter oben gezeigt, vom StGH verneint wurde.#2 Im
Zuge der Unterschriftensammlung und der Abstimmungskommunika-
tion wäre ebenfalls jederzeit und sofort Beschwerde zu erheben, wenn
Unregelmässigkeiten festgestellt werden, ansonsten der Beschwerde-
grund hinfällig würde. Schliesslich besteht — und das wird auch in der
neuen Rechtsprechung bestátigt, wie weiter unten gezeigt wird — nach
der Abstimmung ein Beschwerderecht unter anderem auf Überprüfung
der Abstimmung auf Nichtigkeit. Dabei wären nach der älteren Ausle-
gung nur noch Vorfälle im Rahmen der jüngsten Phase des Abstim-
mungskampfes und Unregelmässigkeiten beim Urnengang und der Aus-
422 Eine Beschwerde wegen Unzulässigkeit (Nichtigkeit) würde dagegen wohl sinnvol-
lerweise nur den Initianten zustehen. Diese Interpretation würde verfahrenslogisch
Sinn ergeben, obwohl Art. 70b Abs. 3 VRG wörtlich neutral lautet: «Gegen eine
Nichtigerklärung des Landtages ist Beschwerde an den Staatsgerichtshof zulässig.»
Eine Zulässigkeitserklärung ist gar nicht erwähnt. Aufgrund der Spruchpraxis des
StGH (Ausführungen in diesem Kapitel) müsste aber den Stimmbürgern jederzeit
der Beschwerdeweg offenstehen, also gerade auch bei einem vermuteten Fehlent-
scheid des Landtages. Nur an dieser Stelle ist überhaupt eine Beschwerde betreffend
Zulässigkeit hinsichtlich der Verträglichkeit mit der Verfassung und bestehenden
Staatsverträgen möglich, da die Regierung im Vorfeld nur eine formelle und formale
Prüfung zu anderen Kriterien vornimmt (siehe Ausführungen in Kap. 3.1.4.4.2 spe-
zifisch über die Vorprüfung, Kap. 3.1.4 über formale und materielle Voraussetzungen
sowie Kap. 4.2 über formelle Bedingungen eines Begehrens). Erst der Landtag ent-
scheidet über die Zulassung eines Begehrens wegen der Verträglichkeit mit der Ver-
fassung und dem Völkerrecht. Wird dann nicht sofort Beschwerde erhoben, ist die
Zulassung generell akzeptiert. Im Falle einer Nichtigerklärung wäre es allerdings ent-
gegen dem Wortlaut von Art. 70b Abs. 3 VRG sinnvoll, dass nur die unmittelbar
Betroffenen, also die Initianten, ein Beschwerderecht haben. Die herausgehobene
Position der Initianten lässt sich mit Art. 82b VRG (Rückzugsklausel) und Art. 70
Abs. 2 VRG (Fristen bei der Einreichung von Sammel-Initiativen) rechtfertigen, wel-
che dem Initiativkomitee und den Initianten eine besondere Rechtsstellung einräu-
men. Wenn ein Initiant/ein Komitee eine Initiative anmeldet, welche vom Landtag im
Rahmen der Vorprüfung für nichtig erklärt wird, kann man argumentieren, dass es
im alleinigen Ermessen dieser Akteure liegen muss, ob sie dagegen eine Beschwerde
erheben wollen oder nicht, da das Verfahren noch keine weitere Öffentlichkeit be-
kommen hat. Im Falle einer Zulässigerklärung erlangt das Verfahren aber eine wei-
tere Öffentlichkeit, sodass auch jeder Stimmberechtigte betroffen ist. Es ist aber auch
die weitergehende Interpretation möglich, dass ab der Anmeldung die Stimmbürger
bereits betroffen sind (etwa durch das bereits dann bestehende Beschwerderecht) und
diese daher auch im gesamten weiteren Verfahren Beschwerderecht haben sollten.
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