Mehrheitsbestimmungen
im Richterauswahlgremium wieder neu gestartet werden. Sinnvoller
wäre es also gewesen, die übliche Terminologie aufzugreifen («absolute
Mehrheit der im ganzen Land gültig abgegebenen Stimmen») oder ganz
einfach zu bestimmen, dass derjenige Kandidat zum Richter ernannt
wird, der mehr Stimmen auf sich vereinigt, wobei im gleichen Zuge auch
eine Lösung für eine Pattsituation angebracht gewesen wäre. Eine Initia-
tive gilt bei einem Patt als gescheitert und es bleibt beim Alten. Bei der
Richterwahl geht es hingegen um eine Neubesetzung, sodass «beim
Alten bleiben» bedeutet, dass keine Besetzung erfolgt.
4.7.4 Mehrheit der Anwesenden —
Landtagsbegehren, Gemeindebegehren
Bei Beschlüssen das Landtages werden nicht die gültig abgegebenen
Stimmen für die Mehrheitsfindung berücksichtigt, sondern die «absolute
Stimmenmehrheit unter den anwesenden Mitgliedern» (Art. 58 Abs. 1
LV). Eine Ausnahme sind Verfassungsänderungsbeschlüsse, bei denen
eine qualifizierte Mehrheit erforderlich ist (siehe weiter unten). Dies
wird auch in der Geschäftsordnung des Landtages bestätigt.?” Es wird
im Vergleich zur Verfassung sogar noch präzisiert, dass die absolute
Mehrheit unter den «bei der Abstimmung» anwesenden Mitgliedern des
Landtags entscheidend ist. Stimmenthaltungen werden also mitgezählt.
Bei jeder einzelnen Abstimmung ist daher die Zahl der anwesenden
Abgeordneten relevant und zu berücksichtigen.
Eine Parallele zu diesem Ermittlungsverfahren zeigt sich bei Ge-
meindebegehren. In Art. 68 Abs. 1 VRG heisst es wörtlich: «Wenn Refe-
rendums- und Initiativbegehren durch Gemeinden ausgeübt werden
wollen, so müssen gleichlautende Begehren in einer Mindestzahl von
Gemeinden an Gemeindeversammlungen mit absolutem Mehr der an-
wesenden Bürger beschlossen werden.» Diese Bestimmung stammt noch
aus der Zeit des VRG von 1922, als tatsächlich Gemeindeversammlun-
gen unter physischer Anwesenheit der Bürger stattfanden. Heute wür-
den solche Gemeindeversammlungsbeschlüsse über Gemeindebegehren
397 Sowohl in der vormaligen Gescháftsordnung (Art. 45 GOLT, LGBI. 1997.061) wie
auch in der aktuellen Gescháftsordnung (Art. 53 GOLT, LGBI. 2013.009) ist dies so
geregelt.
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