Unterschriftensammlung
meintlichen Formfehler zu korrigieren, und warf der Regierung überspitzten For-
malismus vor. Es genüge ihrer Meinung nach, wenn jeder Unterschriftenbogen das
Anfangsdatum der Unterschriftenzeichnung trage und diese Voraussetzung sei
erfüllt. Innerhalb der Behörden entwickelte sich ein reger Schriftverkehr. Am 11. Ja-
nuar 1989 teilte die Regierung der Initiantin, Bezug nehmend auf deren Schreiben,
ohne weitere Begründung mit, dass die Regierung in der Sitzung vom 10. Januar
festgestellt habe, dass das eingereichte Referendum zustande gekommen sei.
Hätte die Regierung auf ihrer anfänglichen Haltung beharrt, hätte die
Initiantin bei der VBI eine Beschwerde einreichen können. Die VBI
hätte die Entscheidung der Regierung vermutlich mindestens in einem
Punkt korrigiert. Denn in einem Gutachten hatte der StGH bereits 1964
präzisiert, was unter Korrektur innerhalb nützlicher Frist zu verstehen
sei. Er hielt fest, dass sich die Frist nach dem Gegenstand der Vorlage
richtet, also 30 Tage im Falle eines Referendums, sechs Wochen bei ande-
ren Begehren.??! Die Frist hátte im oben erwáhnten Referendumsfall also
auf den 21. Januar 1989 festgesetzt werden müssen.
Ein Kuriosum betreffend formale Korrektheit stellt die Initiative
zur Lockerung des Nichtraucherschutzes in der Gastronomie 2008 dar.
Der Initiativtext bei der Unterschriftensammlung enthielt gegenüber
dem Text bei der Anmeldung der Initiative, die in dieser Form von Re-
gierung und Landtag für zulássig erklärt worden war, einen kleinen
Zusatz (Fall geschildert in Kapitel 3.4.3 und Kapitel 4.12.1.6). Dieser
Mangel wurde bei der Behandlung der Initiative nach Einreichung der
Unterschriften festgestellt und. kritisiert. Der Landtag akzeptierte die
Initiative dennoch und stimmte ihr mehrheitlich zu, wobei allerdings in
der Abstimmung im Landtag wieder der ursprüngliche Gesetzestext ver-
lesen wurde. Schliesslich wurde gegen diesen Landtagsbeschluss, wel-
cher vom Landtag nicht direkt einer Volksabstimmung zugeführt wurde,
ein Referendum gestartet. In der Volksabstimmung vom 27./29. März
2009 wurde über den Text abgestimmt, welcher bei der Unterschriften-
sammlung verwendet worden war, und nach mehrheitlicher Zustim-
mung durch das Stimmvolk gelangte dieser Text auch in das Landesge-
setzblatt.
371 StGH 1964/3, Gutachten des StGH vom 22. Oktober 1964, in: ELG 1962-1966,
S. 225.
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