Volltext: Direkte Demokratie in Liechtenstein

Die direktdemokratischen Instrumente in der Gegenwart 
3.11.1 Mehrstufiges Verfahren bei Gemeindesezession 
Für die Einleitung des Verfahrens ist zunächst nur ein Mehrheitsbe- 
schluss der in der betreffenden Gemeinde ansässigen wahlberechtigten 
Landesangehörigen notwendig. Wird für den Gemeindeaustritt eine 
staatsvertragliche Regelung benötigt, muss eine zweite Abstimmung in 
der betreffenden Gemeinde durchgeführt werden. Dies liegt somit im 
Sinne des Selbstbestimmungsrechts der Gemeinden. Andererseits muss 
gemäss dem gleichen Art. 4 Abs. 2 LV (neu) die Regelung des Austritts 
«durch Gesetz oder von Fall zu Fall durch einen Staatsvertrag» geregelt 
sein. Gemeinden können aber weder Gesetze verabschieden noch Staats- 
verträge. Es braucht also auch in diesem Fall die Mitwirkung der mit der 
Gesetzgebung betrauten Staatsorgane. Da nirgends erwähnt wird, dass 
sich diese Staatsorgane in einem Automatismus an die Vorgaben der Ge- 
meinde zu halten haben, muss ein ultimatives Selbstbestimmungsrecht 
angezweifelt werden. Aus dieser Perspektive reduziert es sich also eher 
auf eine Willensbekundung bzw. faktisch einen Antrag an die Staatsor- 
gane — einschliesslich des Volkes (landesweit) aufgrund der Möglichkeit 
des Gesetzesreferendums und des Staatsvertragsreferendums — den 
Austritt der Gemeinde aus dem Staatsverband zu organisieren und ihm 
zuzustimmen. 
Da Art. 4 Abs. 2 LV (neu) allerdings von einem «Recht» der Ge- 
meinden spricht, aus dem Staatsverband auszutreten, kann dies auch 
nicht gänzlich ignoriert werden. Man kann das vorsichtig so interpretie- 
ren, dass keine austrittswillige Gemeinde gezwungen werden kann, im 
Staatsverband zu bleiben. Der Hinweis auf gleichzeitig notwendige Re- 
gelungen in Gesetz und Staatsvertrag zeigt jedoch, dass es nicht eine 
Sezession sein kann, bei welcher die Bedingungen einzig von einer aus- 
trittswilligen Gemeinde diktiert werden. Es würden im konkreten Fall 
daher wohl Verhandlungen zwischen einer austrittswilligen Gemeinde 
und dem Staat bzw. dem Gesetzgeber, allenfalls auch noch anderen Staa- 
ten, notwendig. 
Art. 4 LV 1921 (abgeändert durch LGBI. 2003.186) 
  
1) Die Änderung der Grenzen des Staatsgebietes kann nur durch ein Gesetz erfol- 
gen. Grenzänderungen zwischen Gemeinden, die Schaffung neuer und die Zusam- 
menlegung bestehender Gemeinden bedürfen überdies eines Mehrheitsbeschlusses 
der dort ansässigen wahlberechtigten Landesangehörigen. 
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