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Sezessionsrecht der Gemeinden
Ebenfalls mit der Verfassungsabstimmung des Jahres 2003 wurde das
Recht der Gemeinden auf Austritt aus dem Staatsverband eingeführt.
Dabei ist allerdings nicht restlos geklärt, ob es sich hierbei um ein Recht
handelt, welches von den Gemeinden uneingeschränkt wahrgenommen
werden kann. In der Abstimmungskommunikation im Vorfeld der
Volksabstimmung wurde der Sachverhalt unter dem Schlagwort des
Selbstbestimmungsrechtes der Gemeinden abgehandelt.?*$ Vor der Revi-
sion 2003 sah Art. 4 IV vor, dass Grenzánderungen des Staatsgebietes
oder einzelner Gemeinden, die Schaffung neuer und die Zusammenle-
gung bestehender Gemeinden nur durch ein Gesetz erfolgen können.
Seit der Revision von 2003 ist im Falle von Grenzänderungen zwischen
Gemeinden, der Schaffung neuer und der Zusammenlegung bestehender
Gemeinden ein Mehrheitsbeschluss der dort ansässigen wahlberechtig-
ten Landesangehörigen erforderlich (Art. 4 Abs. 1 LV neu). Das heisst,
dass dies allein in den Autonomiebereich der Gemeinden fällt, da in die-
sen Fillen kein Gesetz erforderlich ist — im Gegensatz zur Änderung der
Grenzen des Staatsgebietes.
Da aber ein Austritt einer Gemeinde aus dem Staatsverband eine
Abänderung der Grenzen des Staatsgebietes nach sich zieht und dies nur
durch ein Gesetz erfolgen kann, muss gemäss Verfassung zwingend der
Landtag (oder die Volksmehrheit, nicht nur einer Gemeinde) einen ent-
sprechenden Beschluss fassen sowie auch die Sanktion durch den Lan-
desfürsten erfolgen. Diesem Art. 4 Abs. 1 LV (neu) steht aber Abs. 2 ent-
gegen, welcher den einzelnen Gemeinden das Recht auf Austritt aus dem
Staatsverband zuspricht.
346 Argumentation des Fürstenhauses im Verfassungsvorschlag vom 2. Februar 2000
(sogenanntes rotes Büchlein) und vom 1. Márz 2001 (sogenanntes grünes Büchlein);
Fürstenhaus 2000, 2001.
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