Formulierte Initiative
Konformität mit der Verfassung insgesamt sowie mit Staatsvertrágen zu
prüfen. Bussjáger unterstützt diese Sichtweise, hinsichtlich der Staatsver-
tráge insbesondere mit Blick auf die Europáische Menschenrechtskon-
vention und das EWR-Recht.25é
Auch bei der Gleichrangigkeit, also einer Abänderung der Verfas-
sung, stellen sich Fragen: Wie sieht es etwa aus, wenn eine angestrebte
Verfassungsänderung im Kontext und in der Diktion der Gesamtverfas-
sung einen eindeutigen Verfassungsbruch darstellt? In einem solchen
Fall muss der Landtag das Recht haben, Nichtigkeit (eigentlich: Unzu-
lässigkeit) festzustellen, wobei der Beschwerdeweg an den StGH ohne-
hin offensteht.
Es scheint daher geboten, von einer tendenziellen Rangordnung
von Gesetz, Staatsvertrag und Verfassung auszugehen, aber in einer Ein-
zelfallprüfung dennoch unterschiedliche Gewichtungen vorzunehmen.
Hierfür sind sowohl der Gehalt der Initiative - Thema, Stossrichtung
etc. — wie auch der Stellenwert eines davon tangierten Staatsvertrages —
Bedeutung, Verbindlichkeit etc. — massgeblich.
3.1.4.3.2 Weitere materielle Kriterien
Weitere Kriterien einer materiellen Beanstandung von Begehren
könnten etwa offensichtliche Rechtswidrigkeiten oder ein Verstoss ge-
gen das Willkürverbot?” sein, die Unverhältnismässigkeit von Vorla-
gen,2 nicht statthafte Konsequenzen aus Begehren und anderes. In die-
ser Begründungslinie können die weiter oben erwähnten Initiativen von
1935 (Strompreissenkung; Hypothekarzinssatz) eingereiht werden. Der
fehlende Bedeckungsvorschlag war damals die offizielle Begründung.
Die Initiativen stellten aber auch einen möglicherweise zu weit gehenden
Eingriff in die Handlungsautonomie von Landesanstalten dar.
Die direkten Volksrechte können an Grenzen stossen, wenn durch
Vorlagen die Budgethoheit des Landtages unverhältnismässig beschnit-
256 Bussjäger 2014a, S. 46.
257 Wille 2015, S. 425 mit Verweis in Fn. 213 auf Vogt 2012, S. 105f. und 390, sowie
Hangartner und Kley 2000, S. 206ff., Rz. 493ff.
258 In diesem Sinne Kley und Hangartner, S. 209, Rz. 499, und S. 837f., Rz. 2114ff.
(wenn Regelungen physisch Unmögliches verlangen), oder Ehrenzeller und Brägger
2012, S. 661, Rz. 48 unter Bezugnahme auf BuA Nr. 79/2004 vom 24. August 2004,
S. 23f. (wenn eine Regelung völlig unrealistisch ist), zitiert nach Wille 2015, S. 425.
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