Man muss sich vielleicht am Schluss dieser Zeilen fragen: Spricht
das Bergkreuz die Wanderer und Touristen wirklich an, macht es sie
still und besinnlich? Erfüllt es seinen Zweck? Es gibt sie leider, die
Ehrfurchtslosen und Unvernünftigen, die meinen, sie müssten sich im
Kreuz mit Verkritzeln und Verzeichnen «verewigen», doch ist es eine
Minderheit. Das alles spricht nicht gegen das Bergkreuz.
Ich habe Menschen fast jeden Alters gesehen, die um das Kreuz
stehend gebetet haben, schweigsam wurden und das Kreuz in ihre Seele
sprechen liessen, Ich habe Menschen getroffen, die um das Kreuz ge-
schart das «Grosser Gott, wir loben Dich» sangen . . . Ja, sie stehen
nicht umsonst da oben!
Wie wahr ist es doch, was ich als Inschrift an einem Bergkreuz am
Gornergrat ob Zermatt fand:
Willst du Gottes Liebe sehen,
musst du vor dem Kreuze stehen.
Willst du Gottes Allmacht sehen,
musst du in die Berge gehen.
DAS BERGKREUZ
Nicht marmorschwer wie in der Kathedrale,
von Gold und Diamanten kalt verbrämt,
nein, schlichtes, warmes Holz vom hohen Tale,
das sich der kahlen Armut nimmer schämt,
seit der Erlöser sich in Schmerzen wiegte
und Blut und Sühne an die Brust ihm schmiegte.
Nun segnet es den Gottesfrieden hin,
wo immer Seelen gläubig zu ihm fliehn.
wo schwere Arbeit müd im Schweiss sich regt,
wo harte Armut ihren Kummer trägt,
Dem tiefsten Weh wird Trost sein glücklich Teil, —
Auf Bergen ragt das Kreuz, im Kreuz ist Heil.
P_. Plazidus Hartmann