Parallel zur Zunahme ihres wirtschaftlichen und politischen Gewichts übernahmen diese
auch Aufgaben im religiösen Bereich und suchten die seelsorgerische Betreuung ihrer An-
gehörigen zu sichern.
Unter Stiftung_verstehen wir eine dauerhafte Zuwendung einer Vermögensmasse für einen
bestimmten Zweck über den Tod des Stifters hinaus. Auf diese Weise soll die Erinnerung an
den Stifter oder an bestimmte Personen weitergetragen werden. Als Gegengabe übernimmt
es der Beschenkte oder der Inhaber einer Stiftung, das Gedenken an den verstorbenen
Stifter regelmäßig zu erneuern und für dessen Seele zu sorgen, indem er z.B. regelmäßig für
dessen Seelenheil betet und eine Messe liest.
Das Recht, eine Pfründe zu besetzen oder zumindest den Geistlichen dem Bischof zu prä-
sentieren, wurde vom Stifter durch die Übergabe des Eigentums am Stiftungsgut erworben.
Das Recht ging vom Stifter an seine Rechtsnachfolger über. Die Befugnisse der (Kirch)ge-
meinden reichten bei der Pfründenbesetzung je nach politischer Lage zumindest vom An-
spruch auf einfachen Konsens bis hin zur freien Seelsorgerwahl.
Das Nominationsrecht umfaßt das Recht, einen Kandidaten für die Seelsorgestelle zu be-
nennen, diesen gegenüber dem Patronatsherrn namhaft zu machen.
Das Präsentationsrecht beinhaltet das Recht, dem Bischof einen Seelsorger zur kirchlichen
Einsetzung ins Amt, zur Installation oder Investitur, vorzuschlagen.
In Graubünden fielen schon vor der Reformation (1525) die meisten Patronate durch Stiftung
an die Gemeinden und Nachbarschaften. Die Mitwirkung der (Kirch)gemeinden an der Be-
setzung der Seelsorgestellen ist hauptsächlich auf die Gründung, Errichtung von Gotteshäu-
sern und auf deren Dotation zurückzuführen.
Die Besetzung der unteren Kirchenämter, vorab der Mesnerstelle erfolgte durchwegs durch
die Gemeinden. Der Begriff „Mesner“, lateinisch „mansionarius“, betont die Verbindung mit
Kirchengütern. ‘Mansionarius’ bezeichnet den Bewirtschafter des ‘mansus’, das ist der steu-
erfreie Grundbesitz der Kirche, das sogenannte „Mesnergut“. Bei uns wurde das Mesnergut
von der Gemeinde zur Verfügung gestellt. Ähnlich erfolgte teilweise auch die Organisten-
und Lehrerentlöhnung.
Das Patronatsrecht umfaßt das Recht der Stifter und Ausstatter von Kapellen und Kirchen
ader deren Rechtsnachfolger, die gestifteten Vermögen zu verwalten, sowie den Seelsorger
selber zu bestimmen und dem Bischof für die Investitur vorzuschlagen. Es beinhaltet das
Präsentations- und das Nominationsrecht. Das Patronatsrecht bei den Vaduzer Hofkapla-
neien hatten die jeweiligen Landesherren inne.
B. Der Weg zur kirchlichen Selbständigkeit: Bildung der Vaduzer Kirchgemein-
de
1) Kirchgemeinde und politische Selbständigkeit
Die Teilung einer Pfarrei konnte für eine Nachbarschaft oder Dorfgenossenschaft den ersten
Schritt auf dem Weg zur politischen Selbständigkeit bedeuten. Die politische und kirchliche
Verselbständigung eines Dorfes verlief vielfach parallel. Oft folgte auf die Bildung einer
Kirchgemeinde die Teilung des Gemeindeterritoriums. Die Konstituierung eines neuen politi-
schen Gemeinwesens konnte aber auch der Teilung des alten Pfarrverbands vorangehen.
Dies war bei uns der Fall. Die im Kirchspiel oder in der Mutterpfarrei Schaan zu einer Mark-
genossenschaft verbundenen dörflichen Genossenschaften von Schaan, Vaduz und Plan-
ken teilten ihr Territorium um 1800 und erhielten 1809 nach der Aufhebung der alten Lan-
dammannverfassung den Status von politischen Gemeinden. Die kirchliche Selbständigkeit
erlangte unsere Gemeinde erst einige Jahrzehnte später.
Das Interesse der Bauern und Bürger am kirchlichen Angebot lässt sich mit dem Wunsch
nach intensiverer sakramentaler Betreuung und vermehrter Teilnahme an der Euchari-