Erfolg, weil Haas einen «auffallenden Mangel an einer auch nur oberfläch-
lichen Geschichtskunde» zeigte, und er wie Sulzer «den Sinn einiger
leichter Stellen aus Livius nicht einmal erraten» konnte.” Am 28. Dezem-
ber 1826 empfahl der Kantonsschulrat der Regierung, die ausgeschrie-
bene Stelle «mit gänzlicher Übergehung des [nicht zur Prüfung erschie-
nenen] Herrn Hagnauer dem Herrn Peter Kaiser in Lenzburg» zu
übertragen.“ Wahrscheinlich hat bei diesem Entscheid Pfarrer Alois
Vock, Mitglied der Kantonsschuldirektion, eine Rolle gespielt?! um die
deutliche Untervertretung der Katholiken im Lehrkórper zu korrigie-
ren€ Am 3. Januar 1827 schliesslich wihlte der Kleine Rat des Kantons
Peter Kaiser zum «Professor für Philosophie, Geschichte und Statistik» mit
der Verpflichtung zur Aushilfe in Latein?9 Am 6. Februar leistete er vor
Schulrat und Direktion «nach einer gehaltvollen Anrede» den vorge-
schriebenen Amtseid.”°* Der Aargauer Gottlieb Hagnauer, der nicht
berücksichtigte Mitbewerber, fühlte sich bemüssigt, Peter Kaiser in einer
Pressekampagne 1827/28 als einen «stadtbekannten Rómling» zu
beschimpfen.° Dies ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass mit der Wahl
Peter Kaisers sehr wohl die reformkatholische Position an der Kantons-
schule verstärkt werden sollte. Die Etiketten «konservativ», «liberal» oder
«radikal» sind sehr vorsichtig zu verwenden. Der Liberale konnte im näch-
sten Dorf schon ein Radikaler oder ein Konservativer gescholten werden,
und in dieser Lage sollte Peter Kaiser während Jahren sein.
Er geriet gleich zu Beginn seiner Tätigkeit in Aarau in eine politisch aufge-
regte Situation. Troxler hatte 1827 in der Nummer 241 des «Hesperus» eine
Polemik gegen die Kantonsschule veröffentlicht, die sich zu einer leidi-
gen, sieben Jahre andauernden Auseinandersetzung auswuchs — sie hielt
also während fast der gesamten Anwesenheit Kaisers in Aarau an. Wider-
monat 1824 und endet 8. Juni 1831, sub 28.
Christmonat 1826.
261. Vgl. Neue Zürcher Zeitung Nr. 109 vom
11. November 1835 betreffend die Wahl Peter
Kaisers zum Lehrer: «Vock, als er das Ruder
führte, drängte ihn der Schule auf, und der
Günstling spielte seine Rolle so gesetzlich voll-
ständig und pedantisch, als nur immer mög-
lich».
262. KOLLER: Katholisches Gymnasium,
S. 305 f. — Sigmund EGLOFF: Domdekan Alois
Vock (1785—1857). Ein Beitrag zur aar-
gauischen Kirchenpolitik wahrend der Restau-
rations- und Regenerationszeit. Aarau 1943,
S:37f.
263. Staatsarchiv Aarau: Protokoll des Kan-
tons-Schulrathes. Angefangen den 24. August-
monat 1824 und endet 8. Juni 1831, sub 9.
Januar 1827.
264. Staatsarchiv Aarau: Kantonal-Anstal-
ten. Kantonsschule 1811—1836 (40), Fasc. III:
Lehrerwahlen, Entlassungen 1813—1836; Aus-
zug aus dem Protokoll des Kleinen Rates, dat.
3. Januar 1827. — Staatsarchiv Aarau: Protokoll
des Kleinen Rates, Bd. XXVII, 1827, S. 4, 69. —
Staatsarchiv Aarau: Protokoll des Kantons-
Schulrathes. Angefangen den 24. Augustmonat
1824 und endet 8. Juni 1831, sub 6. Hornung
1827.
265. Vgl. Heribert RAAB: «Rómling». Zur
Geschichte des antirómischen Affekts und der
Gettoisierung in der ersten Hälfte des 19. Jahr-
hunderts. IN: Innen- und Aussenpolitik. Pri-
mat oder Interdependenz? Festschrift zum
60. Geburtstag von Walther Hofer. Hg. v. U.
Altermatt / J. Garamvólgyi. Bern 1980, S. 527—
545.
Anstellung
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