dass seine Meinung gut sein möge. Doch habe er sich «gleich einem eitlen
und unwissenden Kind in Dinge gemischt», die er nicht verstehe. Er sei
deshalb «gleich einem solchen erbost», wenn nicht alles nach seiner Ein-
bildung laufe. Kaisers Überzeugung möge redlich sein, aber das «Mass sei-
ner Vernunft und den Anspruch» seines Gewissens über Niederers Auf-
gabe erkenne er nicht als gültig an. Kaiser könne Niederers «Gang, wie der
Hund den Mond anbellen»; der Mond gehe seinen Weg trotz des Gebells
weiter!!7?
Wir sind einigermassen über die Rolle orientiert, die Kaiser nach diesem
in seiner Verzweiflung und Masslosigkeit bemerkenswerten Brief Niede-
rers in Yverdon gespielt hat. Peter Kaiser dachte schon im Mai, also rund
einen Monat nach dem Brief Niederers kurzzeitig daran, Yverdon zu ver-
lassen.!® Im Herbst nun — Kaiser hatte den Dienst bei Pestalozzi bereits
quittiert — richtete Kaiser von Aarau aus ein Schreiben an Niederer,!*! das
diesen laut dem nicht abgeschickten Antwortbrief vom 6. November 1823
«sehr angenehm überraschte», und in dem er Kaiser als einen «rechtlich
und sittlich selbständigen Mann» erkannte. Er habe Kaiser, dessen Cha-
rakter sich auf Niederers Schreiben vom April hin habe «bewähren» müs-
sen, von Anfang an Einsicht, Kraft und Rechtlichkeit zugetraut. Wie aus
dem Brief hervorgeht, hatte Kaiser in die Hand Niederers eine Erklärung
abgegeben, durch welche dieser sich wenigstens in Kaisers Meinung reha-
bilitiert fühlte. Zwar seien Kaisers und Niederers «Individualitäten und
ihre Tendenz» verschieden, auch die Meinungen über die Dinge abwei-
chend, «aber Geist und Herz an sich sind nicht verschieden», sodass
Johannes Niederer Peter Kaiser «in dieser Gesinnung herzlich die Hand»
bot.!® Der Bruch zwischen Schmid und Kaiser hatte die Annäherung an
Niederer herbeigeführt. Dieser überzeugte sich, dass Kaisers Verhalten im
Joh. Niederer
3
Johannes Niederer (1779—1843).
Aus dem Kanton Appenzell, Jünger
und Mitarbeiter Pestalozzis, leitete
nach der Trennung zusammen mil
seiner Frau Rosette ein Töchter
institut in Yverdon, dann in Genf.