Jofwil
26. April schickte Kaiser Philipp E. von Fellenberg die Berichte darüber,!**
«was von mir in den deutschen und historischen Klassen gethan worden,
der allenfalls gethan werden sollte. Würde ich meinen Nachfolger ken-
nen, könnte ich ausführlicher über das Einzelne sprechen». Weiter teilte er
mit, dass er morgen, also am 27. April 1822, die Anstalt verlassen werde.
Einen Tag später schon wurde im Schloss Yverdon der Name des neu ein-
:retenden Lehrers Peter Kaiser in das Geschäftsbuch der Anstalt Pestaloz-
zis eingetragen.!®
Später sind noch zwei Kontaktnahmen von Kaiser und Fellenberg nachzu-
weisen. Im Juli 1823 schrieb Kaiser von Yverdon nach Hofwil, dass ihn der
ehemalige Burschenschafter und deutsche Flüchtling Karl Völker! von
dem er «seit seiner Abreise von Hofwyl weiter nichts mehr gehört habe»,
schriftlich angefragt hätte, ob er eine Stelle in Chur annehmen wolle. Der
dortige Rektor favorisiere Peter Kaiser, zumal er sich an Fellenberg um
Auskunft gewandt habe und dieser wohl positiven Bescheid geben
konnte. Tatsächlich war Rektor Luzius Hold!” am 30. Mai 1823 an Fellen-
verg gelangt mit der Bitte, sein Urteil über den ehemaligen Hofwiler Leh-
rer mitzuteilen, bevor er Kaiser dem Schulrat vorschlage.!*® Kaiser dankte
Fellenberg in seinem Brief für sein «stilles Verdienst» und wünschte sei-
nem «grossinnigem und weitsehendem Menschheitszwecke alles Gedei-
hen».!” Erneut bestätigt sich, dass zwischen den ehemaligen Burschen-
schaftern, die in den Lehrdienst eingetreten waren, reger Kontakt bestand,
dass man einander als Gleichgesinnte für Lehrstellen weiterempfahl.
Auch in Graubünden — ähnlich wie in Hofwil und Aarau — bildete sich ein
Zirkel politischer Flüchtlinge, darunter neben dem von Johann Caspar
Orelli nach Chur empfohlenen Karl Völker etwa Johannes Herbst, Wil-
helm Schnell, Karl Follen, Joachim de Pratiund Georg Wilhelm Röder. Der
154. Burgerbibliothek Bern, FA Fellenberg,
Korrespondenz Ph. E. von Fellenberg, Brief
Kaisers an Fellenberg, dat. Hofwil, 26. April
1822,
155. ALLGÄUER: Kaiser, S. 31.
156. ALLGÄUER: Kaiser, 5. 44, liest irrtüm-
ich (Theodor) Müller. — Von Karl Völker exi-
stieren am gleichen Ort nur zwei Briefe aus den
jahren 1828 und 1837. — Frdl. Mitteilung von
Harald Wäber, Burgerbibliothek Bern. — Karl
Völker war Schüler des Turnvaters Jahn und
nach der Flucht aus Deutschland Lehrer bei
Fellenberg und danach in Chur. Er kämpfte für
demokratische Ideen, Volksbildung, Freiheit
und Menschenrechte. — Friedrich PIETH: Aus
den Lebenserinnerungen des bündnerischen
Furnvaters Karl Völker (1796—1884). IN: Bünd-
ner Monatsblatt 1933, 5. 65 ff. — PIETH: Bünd-
nergeschichte, S. 378 £.
157. Vgl. Christian HATZ: Eine Pestalozzi-
eier vor hundert Jahren (1846) in Chur. IN:
zZündnerisches Monatsblatt 1946, 5. 33—53.
5 ff,
158. Burgerbibliothek Bern, FA Fellenberg,
Korrespondenz Ph. E. von Fellenberg; Luzius
Hold an Ph. E. v. Fellenberg, Chur, 30. Mai 1823.
159. Burgerbibliothek Bern, FA Fellenberg,
Korrespondenz Ph-—E.. von Fellenberg, Brief
Kaisers an Fellenberg, dat. Iferten, 24. Juli 1823.