Lehrerstelle stand war. Innerhalb der Schule befasste sich in jedem Institut ein mit
beträchtlichen Kompetenzen ausgestatteter Erziehungsrat mit dem Leben
der Zöglinge ausserhalb des Unterrichts. Der Erziehungsrat bestand aus
dafür gewählten Lehrern und Klassenräten. Als weitere Gremien gabes als
'etzte Instanz — neben dem autoritär handelnden Fellenberg — die allge-
meine Lehrerversammlung, und «zur Hebung des geistigen Niveaus» wis-
senschaftliche und Kunstfachversammlungen, also eigentliche Fachschaf-
ten oder Sektionen.’
{n einem Brief an Franz Müller!” berichtete Kaiser, dass ihn Fellenberg
sehr freundlich empfangen und ihn befragt habe über seine Hauptinteres-
sen, seine pädagogischen Grundsätze, nach seinem «philosophischen
System», und was er von der christlichen Religion und Jesus Christus
halte. Zwar seien sie nicht auf das Politische zu sprechen gekommen, doch
habe Fellenberg «schwarze», also burschenschaftliche Grundsätze. Tat-
sächlich stand das Institut in Hofwil im Geruch, ein «Revolutionsherd» zu
sein, obwohl die Anstalt von zahlreichen Adeligen und Fürstensöhnen
besucht wurde. Der bayerische Gesandte in der Schweiz, Franz Anton von
Olry,® meldete gar, die deutschen Hofwiler Lehrer arbeiteten an diesem
Institut nicht etwa, um Fellenberg zu unterstützen, sondern weil sie so
Gelegenheit erhielten, die zahlreichen Fürstensöhne für ihre Zwecke zu
gewinnen, Einer dieser Lehrer, Peter Kaiser, habe in Hofwil «auch die
wahre deutsche Burschenschaft gründen» wollen.*? Olry vermutete Libe-
rale, Sanskulotten, Aufklärer und Deutschtümler in Hofwil und phanta-
sierte von einem dort existierenden, umstürzlerischen Geheimbund nach
Art der Carbonari. Die Aufführung von Schillers «Wilhelm Tell» in Hofwil
verurteilte der preussische Gesandte als revolutionäre Tat.“ Jedenfalls hat
die Berner Polizei schon im August 1819 ein Auge auf den neuen Hofwiler
(36. GUGGISBERG: Fellenberg, Bd. 2,5. 242 f.
137. BayHStA MA 7717/1, f. 40 £, Kaiser an
Franz Müller, dat. 4. Juni 1819. Zit. nach ALL-
GÄUER: Kaiser, 5. 29 f.
138. Zu Franz Anton Olry vgl. Heribert
RAAB: E A. von Olry und Karl Ludwig von Hal-
er. Ein Beitrag zur Geschichte der Restaura-
äon. IN: Zeitschrift für Schweizerische Kir-
chengeschichte 62 (1968), S. 333—360.
139. GUGGISBERG: Fellenberg, Band 2,
3.404. — Der russische Agent von Hamel
bezeichnete die Lehrer im Fellenberg-Institut
allesamt als «Jakobiner». — WENTZCKE: Frei-
urger Burschenschaft, S. 58 f.
140. Beispiele aus GUGGISBERG: Fellen-
verg, Bd. 2, S. 405 f.
141. Die folgenden Ausführungen beruhen
auf den Akten im Staatsarchiv des Kantons
Bern, Sign.: B I 215: Manual des Geheimen
Rates, Bd. 9, S. 454—459, 462—465.
142. Dazu siehe MAYER: Die Universität
Freiburg im Breisgau. IN: Alemannia 21 (1892),
5. 160 ff., bes. 170 ff. — RITTER: Kaiser, 5. 12,
‚erichtet, dass die badische Regierung die glei-
:he Beschuldigung in einer Note vom
21. August 1819 ebenfalls in Vaduz erhoben
hatte. Die Antwort aus Vaduz besagte, dass
Deter Kaiser «hier allem Anschein nach nie-
nand haben dürfte--den er in seine, die allge-
neine Sicherheit gefährdenden Pläne mithin-
einziehen könnte».
143. Vgl. die Antrittsrede Kaisers als Obmann
des Freiburger Vereins (Genossenschaft) bei
MÜNCH: Erinnerungen, Bd. 1, S. 331 f. —
WENTZCKE: Freiburger Burschenschaft, 5. 51.
Zum Folgenden vgl. auch ebda., 5. 58 f.