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Berufsziel
ten die Geschwister der Erziehung des jüngsten Bruders Matthias schen-
ken.? Um diese Zeit wahrscheinlich änderte sich auch das Berufsziel Peter
Kaisers. Entsprechend dem Wunsch seiner Eltern sollte er Geistlicher wer-
den und sich zum Priester weihen lassen.“ Es war damals und bis in
unsere Zeit in katholischen Gebieten üblich, einem Sohn aus kinderrei-
chen Familien den Besuch von Gymnasium und Universität zu ermögli-
chen mit der Bedingung, sich zum Priester weihen zu lassen. Teilweise war
damals, wenigstens in der Schweiz, die Ausschüttung von Stipendien an
diese Berufsbedingung geknüpft. In Wien jedenfalls änderte Kaiser, der
mit dem Pfarrer von Mauren auf gutem Fuss stand, sein Berufsziel.”
Damals hatte sich seine ökonomische Lage deutlich verbessert, obwohl er
in Briefen die Härte der Zeiten beklagte und zu Hause oft um Unterstüt-
zung bat.” Er hatte jedoch gute Unterkunft und Kost bei Johann Telt-
scher,” einem Arzt, mit dessen Söhnen er privat guten Kontakt hatte und
sogar in gemeinsame Ferien reisen konnte. Kaiser verdiente monatlich
15 Gulden für die Privatunterrichtung eines der Söhne Teltschers, sodass
er in bescheidensten Ausmassen den alltäglichen Lebensunterhalt aus
eigener Kraft bestreiten konnte. Er benötigte jedoch weiterhin die finan-
zielle Unterstützung durch die Familie für Neuanschaffungen und die
Rückzahlung von Darlehen...
Wie hart das Leben eines finanziell dürftig ausgestatteten Studenten sein
konnte, belegen Kaisers Briefe an die Familie. Ihnen gemäss lernte und
lehrte er den ganzen Tag, nachts meistens bis Mitternacht oder noch län-
ger. Morgens um fünf Uhr musste er aufstehen, die Schüler wecken und
Unterricht bis sieben Uhr erteilen. 1815 berichtete er an seinen Bruder
Jakob, dass er die letzten Jahre «unausgesetzt>» studiert habe, weil er der
Meinung sei, dass «nur der sich und andere glücklich machen könne, wel-
25. KIND: Kaiser, S. 9.
26. MATT: Kaiser, 5. 9.
27, KIND: Kaiser, 5. 12, 14. — Alois Lutz
(1755—1832, Pfarrer in Mauren 1786—1830)
hinterliess ein 1836 errichtetes Stipendium für
arme Studenten. Vgl. BLEYLE: Pfarrer-Lutz-
Stipendium.
28. KIND: Kaiser, 5. 10 f.
29. Wohnhaft in der Leopoldstadt, Josefs-
gasse 220. — Quellen des Wiener Universitäts-
archivs sind eine Immatrikulation 1810/11 für
die III. Grammatikalklasse des Akademischen
Gymnasiums (Sign. Matr.fac.art. 1698—1830,
Ph 2C.K. und Hauptmatrikel M XI, 1779—1833,
Seite 415) und die Unterrichtsgelder-Rech-
nungen und Studienkataloge 1814/15. — Aus
einem Staatsschematismus 1818 «Doctoren der
Arzneykunde», S. 323, ist ersichtlich, dass es
sich bei Kaisers Hausherrn um Johann Telt-
scher handelt, möglicherweise ein Mitglied
der damals namhaften Wiener Medizinerfami-
lie Teltscher.
30. KIND: Kaiser, S. 9.
31. Kaiser an seine Mutter, Brief vom
16. Dezember 1812, zit. nach KIND: Kaiser,
S. 10. — ALLGÄUER: Kaiser, S. 11.
32. Brief vom 8. September 1815, zit. nach
KIND: Kaiser 10 £.— ALLGÄUER: Kaiser, S. 11.
33. Frdl. mitgeteilt von Fürstl, Sanitätsrat
Dr. Rudolf Rheinberger.— Kaiser bezahlte ein
Drittel der ordentlichen Studientaxen, also
eine «Armentaxe»; vgl. das Papier «Peter Kaiser
— Wiener Zeit 1810—1817», in: LLA Akten
Peter Kaiser (Sammlung Allgäuer).
34. Im Zusammenhang mit den Nachfor-
schungen über die liechtensteinische Ärzte-
schaft im 19. Jahrhundert konnte Rudolf
Rheinberger aus den Unterrichtsgelder-Rech-
nungen und aus den Studienkatalogen ver-
schiedene neue Erkenntnisse über Peter Kai-