Historiker nicht zu füllen. Die Geschichtsschreibung und Geschichtsfor-
schung standen vor einem Neubeginn. 1811 gründete der Berner Schult-
heiss Niklaus Friedrich von Mülinen die Schweizerische Geschichtsfor-
schende Gesellschaft. Sie gab die historische Zeitschrift «Der
schweizerische Geschichtsforscher» heraus.“ In verschiedenen Kanto-
nen entstanden regionale historische Vereine und Gesellschaften.
Mit der ersten historischen Arbeit trat Peter Kaiser 1830 hervor, als er im
Jahresprogramm der Kantonsschule in Aarau die umfangreichen, aber
etwas schwer verdaulichen «Andeutungen über Geist und Wesen der
Geschichte» veröffentlichte. Er zeigt sich, wie schon Iso Müller fest-
stellte,“ in diesem stark von pantheistischen und evolutionistischen
Gedanken beeinflussten Aufsatz als Aufklärer und «Anhänger der
Geschichtsphilosophie» Hegels, Die «Andeutungen» sollten insofern
Bedeutung erhalten, als sie ihm in Aarau ab 1832 von den radikalen Kräf-
ten und zehn Jahre später in Chur und St.Gallen, diesmal von der kurial-
katholischen Seite, zum Vorwurf gemacht wurden. Kaiser machte für
diese Schrift Anleihen im Gedankengut der Aufklärung und liess, wie der
Disentiser Benediktinerpater Iso Müller weiter ausführt, auch einen
gewissen Indifferentismus erkennen, so etwa, wenn er das katholische
und das protestantische Bekenntnis als «Sekten» interpretiert und als
«Blüten aus dem uranfänglichen Keime».
Insgesamt sei das Werk, so Müller, «in seiner pantheistischen Geschichts-
konstruktion einfach ein Abklatsch der Geschichtsphilosophie von
Hegel», wobei Kaiser interessanterweise sowohl auf Niebuhr wie auf sei-
nen «Gegenspieler» Hegel schwöre, also «einerseits Anhänger des empiri-
schen Historikers und anderseits Jünger des pantheistischen Philoso-
phen» sel.
Erste Arbeiten
— Siehe auch Karl RITTER: Johann Caspar
Zellweger und die Gründung der Schweize-
rischen Geschichtsforschenden Gesellschaft.
Zürich 1891 (Jahrbuch für Schweizerische
Geschichte 16). — Vgl. Hundert Jahre Allge-
meine Geschichtsforschende Gesellschaft der
Schweiz 1841—1941. Bern 1941. — FELLER,
BONJOUR: Geschichtsschreibung, Bd. 2
S. 575.
448. MÜLLER: Geistesgeschichtliche Stu-
die, 5. 72 ff.