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Bürger
ä5n Vieens
den mit der Bitte, «sofort die definitive Aufnahmserklärung nebst Tax-
gebühren pr. 25 Fr. anhergelangen» zu lassen.“ Zwei Tage später infor-
mierte der Bündner Kleine Rat die Gemeinde Vigens, dass Kaiser aus dem
Gemeinde- und Staatsverband des souveränen Fürstentums Liechten-
stein entlassen sei und somit seiner «definitiven hiesigen Einbürgerung
nichts mehr im Wege» stehe. Am 19. September schickte die Gemeinde
den Heimatschein des Mitbürgers Kaiser an den Kleinen Rat, fügte aber
bei, dass sie nicht wüssten, wie alt Kaiser eigentlich sei! Das Schreiben
schloss mit dem Wunsch, dass der «Allmächtige Gott, unseren wertge-
schätzten Mitbürger noch lange im Kreise der Bündnerischen Jugend wir-
ken» lassen möge. Am 29. September 1856 schliesslich erhielt Peter Kaiser
seinen neuen Heimatschein und die Urkunde des Kleinen Rates des Kan-
tons Graubünden.*” Die Verleihung geschah laut Dokument «in Aner-
kennung der Verdienste, welche Herr Kaiser in vieljähriger Wirksamkeit
sich um die Jugenderziehung, sowie um die Geschichtsforschung im hie-
sigen Kanton erworben» habe. Die Bürgerurkunde wurde ebenfalls für all-
fällige Nachkommen bestätigt. Sie betonte ausdrücklich, dass das
Gemeindebürgerrecht als Schenkung verliehen wurde.*8
Peter Kaiser war damit ein Eidgenosse jenes Volkes geworden, dem er sich
schon 1830 als «in Liebe und Dankbarkeit verpflichtet» bezeichnet
hatte. Die schweizerischen Landschaften hätten «den alten und
ursprünglichen Charakter des germanischen Lebens» bewahrt und die
«Wahrheit der Geschichte, welche ihre Freiheit war», behauptet. Die
Schweiz sei «neutral», und neutral sei nur die Wahrheit oder Freiheit, und
nur die Wahrheit oder Freiheit sei «selbständig».
Dass Kaiser das Bündner Bürgerrecht doch einige Genugtuung ver-
schaffte, bestätigt einer seiner Briefe,*® in welchem er seinem Aarauer
436. Schreiben im LLA Materialien Peter
Kaiser; Staatsarchiv Graubünden IV 25 g 4: Ein-
bürgerung Peter Kaisers in Vigens 1856; FL-
degierungsamt an den Bündner Kleinen Rat,
Vaduz, 10. September 1856.
437. LLA Materialien Peter Kaiser: Schrei-
ben der Bündner Regierung an das Regie-
-ungsamt Vaduz, Chur, 29. September 1856.
438. Alle Akten im Staatsarchiv Graubün-
den IV 25 g 4: Einbürgerung Peter Kaisers in
Vigens 1856. — Die Urkunde datiert den
Beschluss zur Verleihung des Kantonsbürger-
rechts auf den 7. Juni 1856; im Schreiben der
Kanzlei an Peter Kaiser vom 4. Juli 1856 wird
der 11. Juni angeführt.
439. Peter KAISER: Andeutungen über
Geist und Wesen der Geschichte. S. 49.
440. Staatsarchiv Aarau, Nachlass Rudolf
Rauchenstein, Mappe I/K: Kaiser an Rauchen-
stein, Chur, 6. Juli 1857.
Brief Peter Kaisers an Rudolf Rau-
chenstein vom 6. Juli 1857. Rau-
chenstein war ein guter Freund und
Weggefährte aus der Aarauer Zeit.
Kaiser berichtete ihm brieflich über
private und berufliche Angelegen-
heiten. Nach Kaisers Tod am 23. Fe-
bruar 1864 verfasste Rauchenstein
zusammen mit Julius Sgier, einem
ehemaligen Schüler und Lehrer-
kollegen Kaisers an der Churer
Kantonsschule, einen umfangrei-
chen Nachruf.