An meine
Landsleute
An meine Landsleute
Euer Zutrauen hat mich zum Abgeordneten nach Frankfurt gewählt; ich
folgte dem Rufe, weil ich glaubte, es werde sich bei der Berathung der Ver-
fassung für Deutschland Gelegenheit darbieten, die Interessen unseres
Landes wahrzunehmen und gebührend zu vertreten. Diese Gelegenheit
botsich während meiner Anwesenheit in Frankfurt nicht, Indeß, wenn sie
sich auch geboten hätte, wir müssen das Loos des gemeinsamen Vaterlan-
des theilen, und uns ausschließlich wird man keine besondern Vorrechte
und Vergünstigungen einräumen. Ich glaubte vorzugsweise die materiel-
len Interessen, Entlastungen des Grundeigenthums und andere Erleich-
terungen im Auge behalten zu müssen, und diese würden durch die
Beschlüsse in Frankfurt erfolgen, namentlich was den freien Verkehr
betrifft. Indem ich mich genöthiget sehe, die Stelle niederzulegen, die mir
Euer Zutrauen übertragen, muß ich die Gründe anführen, die mich dazu
bewogen. Sie liegen in der Stelle, die ich hier bekleide und die mir keine
längere Abwesenheit gestattet, ohne meine übernommenen Pflichten zu
verletzen. Hätte ich glauben können, daß meine Anwesenheit in Frank-
furt meinem Heimathlande wesentliche Vortheile verschaffen könnte, so
würde ich meine hiesige Stelle ohne weiters niedergelegt haben und wäre
derjenigen Pflicht gefolgt, die ich für die höhere gehalten hätte. Diese
Überzeugung aber hatte ich nicht und so hätte ein Schritt, wie der, den ich
erwähnte, weder für das Land, noch für mich ersprießliche Folgen
gehabt.
Betrachte ich unsere Lage, unsere Verhältnisse genau, so finde ich, daß sie
keineswegs So schlimm sind, als man sich selbe glauben macht. Was uns
vorzüglich fehlt, das ist Muth und Vertrauen auf uns selbst, Vertrauen auf
die göttliche Vorsehung. Wenn das Land auch klein, arm und verschuldet
ist, so hat es doch auch wieder Hülfsquellen und diese liegen in der Frucht-
barkeit des Landes und in unserer eigenen Kraft. Es hat bei seiner Klein-
heit viele Übelstände nicht, die große Länder drücken. Das Land erfreut
sich einer glücklichen Ruhe, seine Bürger haben Gesetz, Ordnung und
Recht gewissenhaft aufrecht zu erhalten gesucht, was nach den Beispie-
len, die andere deutsche Länder vom Gegentheil geben, nichts Kleines ist.
Es ist eine Ehre für alle, die in unserem Lande wohnen, daß der Sinn für
Freiheit nicht ausgeartet ist in Zügellosigkeit und Gesetzlosigkeit.
Es steht jedem Bürger wohl an, seine Obrigkeit zu achten und ihren
Anordnungen zu folgen; dadurch zeigt er, daß er ein freier Mann ist. Nur
wer gerecht gegen andere ist, hat auch von ihnen Gerechtigkeit zu
erwarten.