Volltext: Peter Kaiser

An meine 
Landsleute 
An meine Landsleute 
Euer Zutrauen hat mich zum Abgeordneten nach Frankfurt gewählt; ich 
folgte dem Rufe, weil ich glaubte, es werde sich bei der Berathung der Ver- 
fassung für Deutschland Gelegenheit darbieten, die Interessen unseres 
Landes wahrzunehmen und gebührend zu vertreten. Diese Gelegenheit 
botsich während meiner Anwesenheit in Frankfurt nicht, Indeß, wenn sie 
sich auch geboten hätte, wir müssen das Loos des gemeinsamen Vaterlan- 
des theilen, und uns ausschließlich wird man keine besondern Vorrechte 
und Vergünstigungen einräumen. Ich glaubte vorzugsweise die materiel- 
len Interessen, Entlastungen des Grundeigenthums und andere Erleich- 
terungen im Auge behalten zu müssen, und diese würden durch die 
Beschlüsse in Frankfurt erfolgen, namentlich was den freien Verkehr 
betrifft. Indem ich mich genöthiget sehe, die Stelle niederzulegen, die mir 
Euer Zutrauen übertragen, muß ich die Gründe anführen, die mich dazu 
bewogen. Sie liegen in der Stelle, die ich hier bekleide und die mir keine 
längere Abwesenheit gestattet, ohne meine übernommenen Pflichten zu 
verletzen. Hätte ich glauben können, daß meine Anwesenheit in Frank- 
furt meinem Heimathlande wesentliche Vortheile verschaffen könnte, so 
würde ich meine hiesige Stelle ohne weiters niedergelegt haben und wäre 
derjenigen Pflicht gefolgt, die ich für die höhere gehalten hätte. Diese 
Überzeugung aber hatte ich nicht und so hätte ein Schritt, wie der, den ich 
erwähnte, weder für das Land, noch für mich ersprießliche Folgen 
gehabt. 
Betrachte ich unsere Lage, unsere Verhältnisse genau, so finde ich, daß sie 
keineswegs So schlimm sind, als man sich selbe glauben macht. Was uns 
vorzüglich fehlt, das ist Muth und Vertrauen auf uns selbst, Vertrauen auf 
die göttliche Vorsehung. Wenn das Land auch klein, arm und verschuldet 
ist, so hat es doch auch wieder Hülfsquellen und diese liegen in der Frucht- 
barkeit des Landes und in unserer eigenen Kraft. Es hat bei seiner Klein- 
heit viele Übelstände nicht, die große Länder drücken. Das Land erfreut 
sich einer glücklichen Ruhe, seine Bürger haben Gesetz, Ordnung und 
Recht gewissenhaft aufrecht zu erhalten gesucht, was nach den Beispie- 
len, die andere deutsche Länder vom Gegentheil geben, nichts Kleines ist. 
Es ist eine Ehre für alle, die in unserem Lande wohnen, daß der Sinn für 
Freiheit nicht ausgeartet ist in Zügellosigkeit und Gesetzlosigkeit. 
Es steht jedem Bürger wohl an, seine Obrigkeit zu achten und ihren 
Anordnungen zu folgen; dadurch zeigt er, daß er ein freier Mann ist. Nur 
wer gerecht gegen andere ist, hat auch von ihnen Gerechtigkeit zu 
erwarten.
	        

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