sicht des Klosters Disentis unterstand. Angesichts des Bildungsweges Kai-
sers im noch josefinisch geprägten Wien, im aufgeklärten Freiburg und im
«Radikalennest» Aarau, wegen seiner Tätigkeit an konfessionell gemisch-
ten Schulen und aufgrund seiner Freundschaft mit bedeutenden nichtka-
tholischen Männern, hielten ihn gewisse Kreise für verdächtig. Konnte er,
war die Befürchtung, als «Wessenbergianer» der orthodoxen katholischen
Richtung im Bistum nicht gefährlich werden? Ebenso war für diese Kreise
Kaisers Freundschaft mit dem liberalen Katholiken Alois de Latour alles
andere als eine Empfehlung. So verständlich die kurialen Einwände gegen
Kaiser für die eine Partei sein mochten, als so unbegründet, ja unsinnig
stellten sie sich heraus. Sinnigerweise übernahm Kaiser in späteren Jahren
bis zu seinem Tod das Präsidium eines Vereins zur Unterstützung katholi-
scher Zwecke, insbesondere zugunsten der Hofschule Chur, die er auch in
seinem Testament mit zweihundert Franken bedachte.**!
Die leitende Funktion in Disentis blieb Kaiser, von konservativen Katholi-
ken als «Aargauer Grossmogul», als «aufgeklärter Katholik» verdächtigt,
bei den Schülern jedoch beliebt und vom Disentiser Abt in jeder Hinsicht
gelobt und geachtet,* bis 1842, als die Schule nach St. Luzi in Chur über-
siedelte 32
Dieser Standortwechsel kam nach langwierigen Auseinandersetzungen
zwischen bischôflicher Kurie und Corpus Catholicum des Bündner Gros-
sen Rates zustande. Der Bischof beharrte auf seinem Standpunkt, dass ihm
allein die ausschliessliche Leitung und Aufsicht über die katholische
Schule zustehe und der Staat kein Kontrollrecht habe. Das Corpus Catholi-
cum hingegen stellte sich entschieden auf den Standpunkt, «dass die
Schule getrennt und unabhängig vom Priesterseminar unter der unmittel-
baren Aufsicht des Rektors geführt werde».”* Nach dem Abschluss und
Peter Kaiser befasste sich 1843 in einer Schrift
mit den Anständen zwischen dem Bischöfli-
chen Ordinariat und dem Schulrat.
324. BUNDI: Kaiser, S. 148 f.
Chur