Volltext: Peter Kaiser

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Rektorat nend gegenüber und besass Mittel genug, ihr Schwierigkeiten zu berei- 
ten.» Beim Disentiser Abt allerdings hatte Kaiser einen starken Rückhalt. 
Dass er jedoch auch beim liberalen Schulrat Sympathien genoss, ja gera- 
dezu als dessen Exponent galt, hat ihn zur Zielscheibe derjenigen 
gemacht, die entweder die Disentiser Schulorganisation an sich oder nur 
Teile ihrer Einrichtung ablehnten.*!* Die Opposition kritisierte schulische 
oder organisatorische Massnahmen des Rektors, so etwa die Förderung 
des Turnunterrichts, der «die studierenden Jünglinge von der Wahl des 
geistlichen Standes abhalten» würde.*!* Die Turnerei war damals mit dem 
nationalen Gedankengut verflochten, wurde zu Beginn des 19. Jahrhun- 
derts in erster Linie von den Burschenschaften ausgeübt und galt deshalb 
als suspekt. Insbesondere kirchlich-konservativen Kreisen war der Turn- 
unterricht, der Sport, ein Dorn im Auge, teilweise noch bis in die zweite 
Hälfte des 20. Jahrhunderts.” Nun, trotz aller Anfeindungen harrte Kai- 
ser als «selbstloser, pflichttreuer Mann auf dem entsagungsvollen Posten 
aus».316 
Angesichts der vielfältigen Schwierigkeiten und Probleme verwundert es 
nicht, dass Kaiser schon 1838 das Rektorat niederzulegen wünschte,?!7 
zumal auch drei Lehrer seinen Rücktritt verlangt hatten.*® Der Schulrat 
selbst und praktisch alle Schüler der Kantonsschule stellten sich jedoch 
hinter Peter Kaiser und stützten dessen Position.*? Er wurde im Oktober 
1840 vom Schulrat in seinem Amt bestätigt und seine Arbeit für die Schule 
erfuhr ausdrückliche Würdigung. Gleichzeitig konnte er die Moderatur 
zurückgeben, die Schüleraufsicht also, die er neben dem Rektorat und 
den dreissig Schulstunden innehatte. 
Der bischöflichen Kurie war die relativ unabhängige Stellung der Disenti- 
ser Schule ein Dorn im Auge, obwohl sie in religiöser Hinsicht der Auf- 
313. MÜLLER: Peter Kaiser, IN: Schweizeri- 
sche Kirchenzeitung 1944, S. 198, 
314. BUNDI: Kaiser, S. 148. — Vgl. Gustav 
BENER: Geschichte des Kantonsschüler Turn- 
vereins (K.T.V.) Chur 1836—1936. Chur 1936, 
5.21: 1836 kam es dank Kaiser und Alois de 
Latour zur Gründung einer Disentiser Sektion 
der Turner. Kaiser habe jedoch den Eintritt in 
den Schweizerischen Turnverein nicht erlaubt, 
weil «die Lehrerschaft sich dagegen ausgespro- 
chen» habe, 1838 nahmen die Disentiser 
jedoch am Eidg. Turnfest in Chur teil. — Vgl. 
auch die Schrift von Wolfgang Menzel, eines 
guten Bekannten Peter Kaisers aus der Aaraueı 
Zeit, über die «Einführung von Leibesübungen 
an Schweizer Lehranstalten». Darüber Heri- 
bert RAAB, IN: Kultur und Sport — Sports et 
civilisations. Bern/Frankfurt 1985, S. 25 ff, 
315. Vgl. Arthur BRUNHART: 50 Jahre Sport 
in Liechtenstein. Hrsg. v. Fürstlich Liechten- 
steinischen Sportverband und dem Nationalen 
Olympischen Komitee. Vaduz 1986, 5. 34 f. 
316. PIETH: Bündnergeschichte, S. 383. 
317. Staatsarchiv Graubünden (Chur), Sign. 
XIL.20.C,8: Kaiser an Landrichter Alois de 
Latour, 25. März 1838 (Notiz Latours auf Kai- 
sers Brief). 
318. MÜLLER: Charakteristik, 5.73f., Anm. 1. 
319. MÜLLER: Charakteristik, S. 71—74, 
122—132. 
320. Staatsarchiv Graubünden (Chur), Sign. 
XHL.20.C, 8 (Nr. 13): Schulrat an Peter Kaiser, 
14. Oktober 1840. 
321. KIND: Kaiser, S. 20 £f., 37. 
322. Vgl. KIND: Kaiser, S. 21, 
323. Zur Kantonsschule in St. Luzi und den 
Auseinandersetzungen von 1842 siehe auch 
Johann Georg MAYER: St. Luzi bei Chur. 
Geschichte der Kirche, des Klosters und des 
Seminars. Einsiedeln, 1907, 5.122—130. — Auch
	        

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