Volltext: Nach Amerika!

beitsstelle hätte, mit «Ja» antwortete, wurde aufgrund des Kontraktar- 
beitergesetzes von 1885 gleichfalls wieder abgeschoben. 
Wer die Kontrollen bis dahin überstanden hatte, kam zu einem 
Wechselschalter, wo er sein Geld in amerikanische Dollars umtau- 
schen konnte. Ob dies «auf das Gewissenhafteste ... und zwar zu dem 
Kurse, wie er gerade an der Börse gehandelt»'®® wurde, geschah, oder 
aber ob der Geldwechsel in ein langes Gefeilsche ausartete, «Ja sogar 
in regelrechte Faustkämpfe mit den Kassierern, die sich viele Jahre 
lang als reine <Wechselkünstler>** erwiesen» hatten, darüber finden 
sich in den Quellen verschiedene Angaben. 
Schliesslich betrat ein mehrsprachiger Beamter eine Rednertribüne 
und rief jene auf, die von Verwandten oder Bekannten erwartet wur- 
den oder für die ein Brief angekommen war. Die übrigen verwies man 
an das staatliche Stellenvermittlungsbüro, das sich im gleichen Gebäu- 
dekomplex befand. Von Arbeitsvermittlungsbüros in der Stadt wurde 
abgeraten, da «der Andrang von Arbeitsuchenden aller Art in New 
York immer ein sehr grosser ist und mancher nach eifrigem Suchen 
sein ganzes Geld zusetzen kann, ohne dass es ihm gelänge, Arbeit zu 
finden, oder es sei denn solche mit höchst unzureichendem Lohn».'® 
Jene, die zur Weiterreise entschlossen waren, wurden daraufhin 
von Beamten zu den Eisenbahnzügen geleitet. Am Sitz der Einwande- 
rungsbehörde verblieben zum Schluss noch jene, die vorerst in New 
York bleiben wollten und nun den letzten Akt des Einwanderungspro- 
zedere erlebten. Sie wurden von den Agenten der von der Einwande 
rungsbehörde konzessionierten Gasthöfe in Empfang genommen. «Mit 
dem lauten Ruf <«Boarding-Houses> stürmt die Rotte hinein und in hef- 
tigem Anprall auf die Einwanderer zu. Das ist ein Werben, Feilschen, 
Zerren, Ziehen. Sie ringen sich förmlich gegenseitig die Beute ab. Als 
Köder tragen die «Gasthäuser» — oft sind es nur armselige Spelunken 
hochtönende Namen: <Stuttgarter-Hoß, <Württemberger-Hoß, «Zur 
Stadt Berlin> usw. Wer sich entschlossen hat, wohin er gehen will, 
erhält eine leicht unterscheidbare Karte an den Hut gesteckt. Verübt 
ein solcher Boarding-House-Wirt einen zur Kenntnis der Einwande: 
rungsbehörde kommenden Betrug, so wird ihm die Erlaubnis zum 
Betreten des Castle-Garden entzogen.»!® 
Wenn die Einwanderer den Castle Garden oder später Ellis Island 
verliessen,!°” standen sie plötzlich mitten drin im amerikanischen All- 
tag. Wer sich auf der Überfahrt noch Mlusionen über die Neue Welt 
gemacht hatte, fand nun auf den Boden der Realität zurück. Viele fie- 
len skrupellosen Ausbeutern in die Hände, welche die Unkenntnis der 
Greenhorns ausnutzten und sie übervorteilten, wo es nur ging. «Diese 
Leute benehmen sich dem Einwanderer ins Gesicht als seine besten 
Freunde, wohlverstanden, solange er noch Geld besitzt, und hinter 
Auswanderung im 19. Jahrhundert
	        

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