erhob, welcher sich in der Folge noch bedeutend verstärkte und sämt-
liche Passagiere zwang, in den unteren Räumen zu verbleiben. Die
Wogen schlugen mit fürchterlicher Gewalt an das Schiff, sich oft berg-
hoch türmend, über dem Kamin zusammenschlagend und den stolzen
Bau in weissen Gischt hüllend ... Trotzdem herrschte während dieser
Zeit überall die musterhafteste Ordnung und Pünktlichkeit und die
Mahlzeiten wurden mit gewohnter Regelmässigkeit serviert, so dass
niemand den mindesten Abbruch zu leiden hatte. Erst als wir uns der
Südspitze der Neufundland-Bänke ... näherten, legte sich der Wind,
und am anderen Morgen erfreute sich jung und alt wieder des herr-
lichsten Sonnenscheins ... In der Nacht auf den 13. April sahen wir
bereits die Leuchttürme von Sandy Hook ihre Grüsse hinüberwinken
.. Gegen Mittag warfen wir Anker und erfreuten uns bald hernach des
angenehmen Gefühls, wieder festen Boden unter den Füssen zu
haben.»!
Diese begeisterte Schilderung des Chronisten steht allerdings in
scharfem Kontrast zu den Schilderungen anderer Auswanderer. Jo-
hann Eberle, der im April desselben Jahres mit zehn weiteren Aus-
wanderern aus Liechtenstein die Fahrt auf der «France» angetreten
hatte,!5 schrieb nach der Ankunft in Freeport (Illinois) nach Hause:
«Wir gingen bald den Dampfer France aufsuchen, welcher uns nach
Amerika bringen sollte. Wir fanden ihn auch früh genug, dann am
23. April, abends um 5 Uhr 30 M. stiegen wir ein und fuhren ab mor
gens zehn auf das bewegliche Element hinaus, welches man bei uns
nur kurz Meer nennt. Die erste Nacht hatte ich bis 11 Uhr mit Platz
suchen zu tun, denn es hat jeder den Platz selbst gewählt. Das beweist
schon von Anfang an die schlechte Ordnung, die dort herrschte.»"”
Schlechte Erfahrungen machte auch der bereits erwähnte Johann
Gassner: «Als es aber auf das Schiff ging, da ging das Elend erst recht
an. Den 17. (Febr.) Abends 6 Uhr fuhren wir ab, dann morgens 2 Uhr d,
18. schon heftige Seekrankheit, welche bei mir dauerte, bis wir in
New-York landeten. Die Marie (Frau) hatte sie in fünf Tagen überstan-
den, die Klara (Schwägerin) und die Kinder hatten sehr wenig davon
zu leiden. Und welche Verköstigung wir auf dem Schiffe hatten, könnt
Ihr Euch ungefähr vorstellen, wenn ich Euch, und zwar mit reinster
Wahrheit sage, dass ich samt Familie in den 11'/2 Tagen, die wir auf
dem Schiffe waren, nicht für 20 Franken Nahrung erhielt, ausgenom
men Brot. Brot hatten wir gutes und genug; hätten wir auch noch
genug Wasser dazu bekommen, so würde ich mich nicht beklagen.
Man sollte immer Bier kaufen und musste auch, wenn man nicht zu
Grunde gehen wollte, eine Flasche (Bier) ungefähr 3/4 Liter, zu Fr. 1.20
Doch genug. Wir sind nun Gott sei Dank weit entfernt von diesen bru-
talen französischen Schurken ... Es waren überhaupt Leute von ver-
Auswanderung im 19. Jahrhundert