Volltext: Nach Amerika!

stellendes Einkommen fanden, wodurch andere bestimmt wurden, 
gleichfalls ihr Glück in jenem anderen Weltteil zu versuchen. 
Die Zahl der hierländigen Auswanderer steht übrigens in richtigem 
Verhältnis mit jener von Vorarlberg und der benachbarten schweizeri- 
schen Kantone.»!“? 
Zum Zeitpunkt, als Landesverweser von Hausen Bericht nach Wien 
erstattete, war die zweite Auswanderungswelle zwar bereits wieder 
am Abflauen. Immerhin sind zwischen 1880 und 1884 rund 200 Per- 
sonen nach Amerika ausgewandert.!“® Worin sind die Gründe für diese 
neue Massenauswanderung zu suchen ? 
Wirtschaftskrise in Europa 
Der «Mangel an Verdienst», den der Landesverweser in seinem Brief 
an den Fürsten beklagte, war in jenen Jahren ein europaweites Phäno- 
men. Bis zum Beginn der siebziger Jahre hatte Europa eine wirtschaft- 
liche Aufwärtsentwicklung durchgemacht. Die zunehmende Industria- 
lisierung hatte nicht nur Arbeitsplätze gebracht, sondern auch das 
Warenangebot erweitert und verbilligt, der Bau der Eisenbahnen hatte 
den Transport von Rohstoffen und Waren erleichtert und die Bildung 
neuer Industriezentren im Binnenland begünstigt. Der Handel über 
den Atlantik gewann dank der Dampfschiffe mit grösserem Laderaum 
an Bedeutung: Europa lieferte Maschinen und bezog Weizen, Mais und 
Baumwolle aus dem amerikanischen Mittelwesten. 
Der Anstoss zur Krise kam aus Amerika. Eisenbahnspekulation 
sowie eine industrielle und landwirtschaftliche Überproduktion führ- 
ten dort 1873 zum Kollaps und zum Beginn einer langen Abschwung- 
phase, die bis 1896 dauerte.'“” Aufgrund der bereits bedeutenden 
Verflechtungen zwischen der amerikanischen und den europäischen 
Volkswirtschaften, aber auch aufgrund der allzu raschen industriellen 
Entwicklung in Europa war die Krise auch hier nicht abzuwenden. Sie 
führte dazu, dass Liechtensteiner, die ihr Brot bisher in ausländischen 
Fabriken verdient hatten, zurückkehren mussten, aber auch in der 
Heimat keine Arbeit fanden.!% Wie dreissig Jahre zuvor suchten viele 
von ihnen den Ausweg in der Emigration nach Amerika. 
Auswanderungsagenturen und ihre Geschäftspraktiken 
Die durch die Wirtschaftskrise in ganz Europa sich ausbreitende Aus- 
wanderungswelle der achtziger Jahre wurde zum grossen Geschäft für 
die Auswanderungsagenturen. Sie verkauften Schiffsfahrkarten und 
organisierten — vielfach in Gruppen und mit Extrazügen — die Fahrt 
zum Hafen und die Einschiffung. 
Rund zehn schweizerische Auswanderungsagenturen boten durch 
Anzeigen im «Liechtensteiner Volksblatt» ihre Dienste an. Sie waren 
Die zweite Auswanderungswelle 
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