Volltext: Nach Amerika!

«Liechtenstein scheint mit warmer Sonne in mein Herz» 
Lotte Rogers-Weil 
Xent (Ohio) 
Die ersten Tage im November 1946 brachten die wohl grösste Verän- 
derung in meinen damals 24 Lebensjahren. Meine Eltern Rudolf und 
Hedwig Weil und meine jüngere Schwester Hilde und ich verliessen 
nach elf Jahren unsere zweite Heimat - das schöne Vaduz im Fürsten 
tum Liechtenstein! Wir mussten so viele liebe Freunde und Bekannte 
zurücklassen, was recht schwer war. 
Mein Vater hatte ein Arbeitsverbot von der Schweizer Regierung 
bekommen, obwohl er zirka dreissig Jahre lang die ganze Reklame für 
Jelmoli Zürich, die Rheinbrücke in Basel, die Stoffhalle in Bern und 
andere bearbeitet und geführt hatte. Ich selbst musste ein Schweizer 
Visum beantragen und um Erlaubnis ansuchen, in Genf den Beruf 
einer Kinderschwester erlernen zu dürfen. Die Bedingung dafür war, 
dass ich mich verpflichten musste, niemals in der Schweiz zu arbeiten. 
Aus diesen Gründen beantragte mein Vater amerikanische Visa für 
uns, die uns im Herbst 1946 gegeben wurden. 
In New York erwarteten uns ein Bruder und eine Schwester meines 
Vaters und der Bruder meiner Mutter, der uns schon in Liechtenstein 
finanziell half (er hatte «unser» Haus im Ebenholz gekauft). Dieser 
Onkel kaufte ein Haus im Vorort der Stadt New York. 
Ich musste sofort eine Anstellung bei einer Familie suchen. Die 
erste Stelle hatte ich bei einer deutschsprechenden Familie, wo ich 
sehr unglücklich war — deren kleiner Sohn war unglaublich ungezo: 
gen, bewarf mich mit Gegenständen usw. 
Wie sehr hatte ich Heimweh nach Liechtenstein! Ich sprach kein 
Englisch —- nur ein paar einzelne Worte -- und war ziemlich unglücklich 
in den ersten zwei Jahren in Amerika. 
Nach und nach bekam ich bessere Stellungen, meistens bei Famili- 
en mit neugeborenen Babys, und ich wurde mehr und mehr von Fami 
lien und auch Kinderärzten weiterempfohlen. Die Pflege von Neugebo- 
renen in verschiedenen Stellen dauerte von zwei Wochen bis manch- 
mal drei oder gar sechs Monaten. Die Erfahrungen, bei so vielen Fami- 
lien zu arbeiten, waren «kunterbunt». Einige Mütter, die schon ein 
älteres Kind hatten, gaben mir Mut und Hilfe, die englische Sprache zu 
erlernen. Wir hörten Kinderschallplatten, lasen Kinderbücher mit vie- 
len Bildern, und nach und nach kam das Fernsehen in die Familien, so 
dass ich viel leichter die Sprache erlernte. Die Arbeit war im allgemei- 
nen sehr hart, nachts musste ich viel mit den Babys auf sein, tagsüber 
natürlich auch, und dabei die Babywäsche bügeln, die Flasche sterili- 
sieren usw. Ich hatte nur 24 Stunden pro Woche frei, die ich bei mei- 
nen Eltern verbrachte. Bei den meisten Stellen wurde ich sehr nett 
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