Der Homestead Act von 1862
Entscheidende Grundlage zur Besiedlung der Prärie war aber der
Homestead Act, ein vom Kongress im Jahr 1862 verabschiedetes
Gesetz, das im deutschen Sprachraum bald als «Heimstätte-Gesetz»
bekannt werden sollte. Es besagte, dass jedes Familienoberhaupt,
überhaupt jede volljährige Person, die Bürger der Vereinigten Staaten
war oder durch eine Declaration of Intention die Absicht bekundet
hatte, dies zu werden, gegen eine Gebühr von 1.25 Dollar vom Staat
160 Acres'!'® freies Land erhalten könne. Einzige Bedingung war, dass
der Homesteader auf diesem Land Wohnsitz nahm, es rodete und
bebaute und innerhalb von fünf Jahren eine ordentliche Ernte hervor-
brachte. Erfüllte er diese Bedingung, so erhielt er nach Ablauf dieser
Frist einen Kaufbrief, der ihm das absolute Eigentumsrecht und die
uneingeschränkte Verfügung über das Grundstück zusicherte.!!” Die
Möglichkeit, ein Gebiet von fast 65 Hektaren geschenkt zu bekommen,
wirkte auf die von Revolutionen, Kriegen und Hungersnöten geplagten
Menschen in Europa wie ein Magnet: In den drei Jahrzehnten zwi-
schen 1860 und 1890 nahm die Einwanderung sprunghaft zu; in den
Jahren 1861 bis 1870 zählte man 2,3 Millionen Neuankömmlinge, im
Jahrzehnt darauf 2,8 Millionen und zwischen 1881 bis 1890 gar 5,2
Millionen. 118
Einwanderungsbestimmungen im 19. Jahrhundert
Nach der Gründung der Vereinigten Staaten gab es während rund
hundert Jahren keinerlei Gesetz zur Beschränkung der Einwanderung.
{m Gegenteil: Vor allem nach der Beendigung des Bürgerkriegs betrie-
ben Bundesstaaten, Eisenbahngesellschaften und Schiffahrtslinien
planmässig Einwanderungswerbung, um den rapide wachsenden
Bedarf an Arbeitskräften in der Industrie zu decken und Siedler für die
neu erschlossenen Gebiete im Westen zu finden. Statt Restriktionen zu
erlassen, kümmerte sich der Kongress zunächst um das Los der
Schiffspassagiere. Im Jahr 1819 wurden Mindeststandards für den
Bau und die Ausrüstung der Schiffe vorgeschrieben, ab 1820 von
jedem einlaufenden Schiff eine Passagierliste verlangt. Wachsende Kri-
tik an den unmenschlichen Reisebedingungen führten zu weiteren
Erlassen: So waren die Schiffahrtsgesellschaften ab 1848 gesetzlich
verpflichtet, genügend Proviant mitzuführen und den Zwischendeck-
Jassagieren einen Kochherd zur Verfügung zu stellen.
Allmählich fand bezüglich der freien Einwanderung allerdings ein
Umdenken statt. Wiederholte Wirtschaftskrisen im 19. Jahrhundert
führten immer wieder zu Diskussionen und schliesslich zum Aus-
schluss gewisser Gruppen: 1875 wurde ein Einwanderungsverbot für
Sträflinge und Prostituierte erlassen, 1882 die rasch zunehmende Im-
Die Prärie wird besiedelt