Permanent Alien
Es war in einem Verwaltungsbüro der Universität. Auf die Routinefra-
ge nach meinem Visum sagte ich unbedacht und schnell Permanent
Alien. Noch während ich mich das sagen hörte, wusste ich, dass das
nicht der richtige Ausdruck war. Aber da war es schon gesagt. Das
Wort stand im Raum vor mir, es hatte sich herausgestellt und grinste
mich sozusagen an. Das Wort grinst, steht bei einem Autor zu lesen,
dessen Art des Schreibens und Denkens mich immer wieder anzieht.
Nicht irgendein Wort, sondern jenes nur, das von allem Meinen befreit,
als Wortskelett sozusagen, dasteht, wie es sich herausgestellt hat, wie
es manchmal vor Kindern erscheint, wenn sie ein Wort permanent
wiederholen, bis es von aller Bedeutung befreit als reines Wort, als
blosser Klang eigentümlich fremd in den Ohren rauscht. Das Wort, das
so leicht und vertraut auf unserer Zunge liegt, erscheint dann plötzlich
ganz fremd. Das permanent Fremde, mit dem wir leben.
So ereignet sich manchmal ein Wahres. Es stellt sich heraus, sagt
man. Es entfáhrt einem ein Wort, und man erfährt etwas über sich und
die Welt.
Es hätte natürlich richtig heissen sollen: Permanent Resident; denn
ich hatte ja lange schon jene vielbegehrte Green Card, die aus dem
Auswanderer einen Einwanderer macht, zum permanenten Wohnen
und sich Niederlassen im gelobten Land berechtigt. Die Karte ist zwar
schon lange nicht mehr grün, aber sie hat den Namen umgangs-
sprachlich beibehalten: the Green Card. Obwohl die Farbe nicht auf
der amerikanischen Flagge zu sehen ist, scheint das Grün doch
eigentümlich das Land zu kolorieren oder zumindest jene Scheine, die
im Lande zu wohnen erlauben und leben lassen. Die franzósische Zei-
tung «Le Monde» schreibt im Wirtschaftsteil immer noch wie selbst-
verstándlich vom Kurs des Billet Vert, dem grünen Schein, der den
Dollar darstellt.
Es war dieser grüne Schein, der immer wieder zum Aus- und Ein-
wandern lockte, der als Farbe der Hoffnung die Tag- und Nachttráume
von Generationen von Auswanderern fárbte. Manche gewiss verlies-
sen ihr Land als Verfolgte und kamen und kommen immer noch als
politische Flüchtlinge; noch mehr aber getrieben von Hoffnungen auf
ein besseres Leben. Das trifft wohl auch auf die meisten Liechtenstei-
ner Auswanderer zu: Nicht politische Verfolgung trieb sie weg, nicht
als politische Flüchtlinge kamen sie an, sondern als Wirtschaftsflücht-
linge. Das wáre zu erinnern, wenn heute in den inzwischen reich
gewordenen europäischen Ländern, auch in Liechtenstein, das Wort
mit moralisierender Selbstgerechtigkeit stigmatisiert wird und Wirt-
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Rainer Nägele
Baltimore (Maryland)