aäine ganz angenehm französisch beeinflusste Atmosphäre. «Montreal
ist eine richtig lebendige Stadt», schwärmt sie.
Rita war in zwei Familien als Nanny tätig. Unvorhergesehen teilte
die zweite Gastfamilie mit, man werde nach England umziehen. Ob sie
mit wolle, wurde Rita gefragt. Nach England wollte sie jedoch zu die-
sem Zeitpunkt nicht. Aber nach Liechtenstein zurückzufliegen, dazu
entschloss sie sich kurzerhand, als sie ein günstiges Flugticket angebo-
ten bekam. So ergab es sich, dass Rita nach gut eineinhalb Jahren in
Montreal wieder nach Triesenberg zurückzog.
Doch Liechtenstein verleidete ihr rasch wieder. So schnell hatte sich
die Abenteuerlust nun doch nicht ausleben lassen. «Es war mir damals
einfach zu langweilig hier», sagt sie heute. Nach etwa sechs Monaten
packte sie wieder ihre Sachen und kehrte nach Kanada zurück — wie-
derum als Nanny. Doch die dritte Familie war ein Au-pair-Alptraum.
Die Eltern standen in Scheidung, Mann und Frau gingen beide jeden
Abend aus, und den ganzen Tag über herrschte dicke Luft. Zuerst er-
kannte Rita hier ihre Chance. Sie wollte dieser Familie, vor allem den
Kindern, helfen. Aber die Situation war zu verfahren, Rita geriet zwi-
schen die Fronten. Da war es gescheiter, sie suchte sich etwas Neues.
«Nur keine Familie mehr», erwähnte sie gegenüber einem vietnamesi-
schen Freund. «Er fand eine Lösung. Sein Bruder hatte ein Computer-
geschäft und Kinder. Also stellte er mich zwar als Nanny ein, ich konn-
te aber im Computerladen arbeiten. Das war eine wirklich gute Zeit.
Ich hatte jeden Tag das Gefühl, ich könne etwas Neues dazulernen.»
Nachdem Rita zwei Jahre als Nanny registriert gewesen war, hatte
sie Anrecht auf die Niederlassung, die sie auch prompt bekam. Nun
musste sie nicht mehr als Au-pair-Mädchen arbeiten. Sie fand eine
Stelle im Stahl-Import-Export-Handel, wo sie erstmals mehr auf Eng-
lisch als Französisch kommunizieren musste. Nach etwa zwei Jahren
ging diese Firma in Konkurs. Zufällig meldete sich zu dieser Zeit
«ihre» erste Familie und vermittelte ihr sofort eine neue Anstellung in
einer Feingiesserei, in der jemand gesucht wurde, der Englisch, Fran
zösisch und Deutsch beherrschte.
Nachdem sie drei Jahre in Kanada gelebt hatte, konnte Rita um die
kanadische Staatsbürgerschaft ansuchen. In relativ kurzer Zeit bekam
sie ihren kanadischen Pass. Sie blieb weitere fünf Jahre in Kanada.
Während all der insgesamt acht Jahre in Montröal ging es Rita aus-
zezeichnet. Sie verdiente zwar an keiner Stelle sehr viel und wohnte
eher bescheiden, genoss aber ihr freies Leben in vollen Zügen. Alles
war perfekt. Was zählte, war nicht ihr Arbeitsplatz, ihre berufliche
Laufbahn. Flexibilität und Spontaneität prägten ihr Leben. Nach ihrem
ersten Besuch in Liechtenstein vertröstete Rita ihre Eltern stets aufs
Neue, sie komme im folgenden Jahr nach Hause. Immer wieder schob
T97
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