1959 reiste Paula nach 13 Jahren zum ersten Mal wieder nach
Liechtenstein. «Vater war sehr stolz auf seine Enkel. Mein Mann und
mein Vater hatten sich zwar brieflich ausgesöhnt, aber es war leider
nie möglich gewesen, dass sich die Eltern und mein Mann besuchten
und kennenlernten. Ich bin überzeugt, dass sich mein Vater und mein
Mann sehr gut verstanden hätten. Sie hatten vieles gemeinsam.» Als
Eugen Nipp ein Jahr später starb, konnte Paula nicht zu seiner Beerdi-
zung gehen, weil gerade der dritte Sohn Nicolas zur Welt kam.
Nach einigen Jahren zog die Familie in den Stadtteil Queens um.
Sobald es finanziell besser ging, kaufte man sich ein Haus und liess
sich in einer «besseren» Nachbarschaft nieder. Die russischen Freun-
de der Familie zogen in das gleiche Viertel. Nachdem die Mutter Jo-
hanna Nipp in Vaduz gestorben war, wurde das Elternhaus in Vaduz
verkauft, und die Familie Godilo-Godlevsky konnte sich ein Haus in
Measantville (ausserhalb der Grossstadt New York) leisten.
Alexander fand zuerst eine Stelle als Möbelspritzer in einer Fabrik
Durch Freunde, die als Drucker bei einer russischen Emigrantenzei-
tung arbeiteten, bekam er dann einen Posten in der Geschäftsleitung
dieser Zeitung. Jeden Abend übersetzte er für eine Versandfirma Kor:
respondenz auf Polnisch, Russisch und Englisch. Schliesslich wurde er
Bürochef in diesem Versandhaus. Danach arbeitete er eine Zeitlang
beim Zoll und schliesslich bei der Social Security Administration (der
amerikanischen AHV). Alexander, dessen Familie ursprünglich ein
begütertes russisches Adelsgeschlecht gewesen war, aber alles an den
3olschewismus verloren hatte, musste sich mühsam hinaufarbeiten.
Als Alexander zwölf Jahre alt war, hatte er Russland verlassen und
war dann in Polen aufgewachsen. Als Student hatte er Theater gespielt
ınd in einem Zirkus gesungen. Mit dem Zirkus und dann als Soldat
ınd Flüchtling war er zu einem unsteten Leben gezwungen. In New
York schätzte er sein Zuhause über alles. Im Jahr 1975 bestand Paula
darauf, dass sie doch noch zusammen eine Reise machten. Sie besuch-
‚en Paulas Geschwister in der Schweiz. Es war ihre einzige Ferienrei-
3e mit Alexander.
«Weil Alexander praktisch immer zwei Jobs hatte, hatte er prak-
isch nur am Wochenende Zeit für die Kinder», bedauert Paula. «Sein
grösstes Vergnügen bereitete ihm, sich mit seinen russischen Freun-
den zu treffen, zu singen und zu musizieren.» Sie fühlte sich im russi-
schen oder russisch-amerikanischen Umfeld, in das sie durch ihren
Mann geraten war, immer wohl. Besonders angetan war sie vom Kul-
turbewusstsein ihres Mannes und seiner russischen Freunde. Musik,
Literatur, überhaupt die schönen Künste, wurden immer gepflegt. Aus
ıhrer eigenen Kultur vermisste Paula ironischerweise etwas, was man
kaum der «Hochkultur» zurechnen würde: «Törkabrot hät mer s’Läba
Godilo-GodlevsKy
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