Anita hatte Liechtenstein 1986 mit schwerem Herzen verlassen.
Auch ihren Eltern tat es weh, ihre jüngste Tochter gehen zu lassen.
Manuels Familie unterstützte Anita stark, vor allem in der ersten Zeit
in Key West, als sie mit Anfangsschwierigkeiten zu kämpfen hatte. Die
Häuser in Key West schienen ihr klein und eng zu sein, die ständige
Gegenwart von Bettlern und Obdachlosen machte ihr innerlich zu
schaffen, und sie störte sich daran, dass Key West nicht ganz so sauber
war wie Balzers. Anfangs bekundete sie auch Mühe mit dem Konsum-
paradies USA. Die Gegensätze schienen doch gar zu krass: Auf der
ainen Seite der Konsum, auf der andern ungewohnte Armut. Die riesi-
ge Auswahl machte ihr auch das Einkaufen schwer, sie brauchte «zwei
Stunden, um 15 Sachen in einem Laden zusammenzusuchen».
Von Anfang an war sie jedoch angetan von Key Wests «Ländlich-
zeit». Anita — selbst, wie sie sagt, «kein Grossstadtmensch» — fühlte
sich nie verloren. Es gefiel ihr, dass sie kein Auto brauchte. Alles war
mit dem Fahrrad mühelos erreichbar.
Amerika hat Anitas Persönlichkeit geformt. «Zch getraue mich eher,
mich zu wehren, und bin toleranter geworden», meint sie. Kaum ver-
wunderlich, an einem Ort, an dem Lebens- und andere Künstler aus
ganz Amerika leben und arbeiten. Sich nicht daran stören, was der
Nachbar tut oder sagt, sondern einander leben lassen, das hat sie in
Florida gelernt. Trotzdem oder gerade deshalb ist sie entschlossen,
asinige für sie wichtige Werte und Gewohnheiten auch im tropischen
Key West weiterzuführen. So war es für Anita selbstverständlich, dass
sie ihren Beruf als Anwaltssekretärin, den sie zuletzt in der Kanzlei
ihres Mannes ausübte, bei der Geburt ihres ersten Kindes aufgab. Ani-
ta besteht auch auf einem gemeinsamen Mittagessen mit Mann und
Kindern, die — anders als die meisten little conches — zeitig ins Bett
nüssen. Anita ist auch praktisch die einzige in der Familie Garcia, die
ıoch die Kleider ihrer Familie bügelt. Für amerikanische Verhältnisse
scheint Anita vielleicht manchmal etwas kompliziert und zu wenig
legere. So macht es sie nervös, wenn Gäste in ihrem Haus eintreffen,
bevor sie mit allen Vorbereitungen für die Einladung fertig ist. Ist man
hingegen bei Amerikanern eingeladen, so kann es schon passieren,
dass man beim Tischdecken noch helfen muss.
Die allzugrosse Lockerheit und die Schnellebigkeit Amerikas stören
Anita manchmal. Anstatt einen Fernseher zu reparieren, wird einfach
ein neuer gekauft, auf dem Golfplatz ist es unheimlich wichtig, mit den
«richtigen» Schlägern zu spielen, und Weihnachten besteht nur aus
Geschenken.
Rückblickend erscheint Anita die Übersiedlung nach Florida jedoch
als kein so krasser Schritt, wie man es sich vorstellen könnte. Die Gar-
{as spielen auch mit dem Gedanken, vielleicht einmal nach Liechten-
Dersönliche Beiträge