Andrea Eberle
Los Angeles (Kalifornien)
«Do hena machscht scho än met»
Nirgends und nie zuvor habe sie so viel erlebt und mitgemacht wie in
Los Angeles, sagt die 1964 in Vaduz geborene Andrea Ruth Eberle.
Erdbeben haben sie schon in Angst und Schrecken versetzt, Über-
schwemnmungen haben Häuser in der Nachbarschaft fortgerissen.
tagelang war sie mit brennenden Augen und juckender Nase unter
wegs, weil Brände - vom föhnwarmen Santa Ana Wind angefächelt -
anderswo ganze Stadtteile zerstörten. Von car jackings (wobei nicht
stehende Autos, sondern solche, die gerade gefahren werden, gestoh-
len werden) hat sie schon oft gehört, und sie hat auch ein bisschen
Angst davor. Schliesslich hat sie auch schon Ausgangssperren miter-
lebt, und zwar während der Aufstände in South Central Los Angeles.
«Do hena machscht schon än met», sagt sie und macht damit
zumindest indirekt deutlich, dass ihr Los Angeles zusetzt, dass sie es
intensiv erlebt, obwohl ihr durch nichts von all dem Genannten wirk
lich Schaden zugefügt wurde.
Wenn man Andrea von Los Angeles reden hört, fragt man sich
manchmal, warum sie denn weiterhin dort bleibt. Sie kritisiert ja so
vieles. Wenn man sie aber sieht, mit ihr zusammen durch die Stadt
fährt, Geschichten hört und erzählt, dann merkt man, dieser Frau isf
wohl, sauwohl sogar. Los Angeles ist ein Abenteuer für sie. Los Ange-
les ist ein grosser sonniger Bongert, und Liechtenstein ein wohl behü-
teter Laufgatter in der warmen Stube.
«Bei den kulturellen Unterschieden zwischen Liechtenstein und
Amerika», sagt Andrea Eberle, «fällt mir vor allem auf, dass die Leute
in Los Angeles (ich habe leider keine Erfahrung, wie es in andern
Staaten ist) fast kein Familienleben führen. Viele Leute arbeiten an
mehr als einem Job, rennen nach der Arbeit ins Gym, arbeiten an einer
Nebenkarriere (Schauspielerei, Musik ete.). Fast in jeder Familie ist
ein Babysitter und/oder ein Housekeeper (Haushälterin) beschäftigt.
Für die Kinder ist es zu gefährlich, draussen mit den Nachbarskindern
zu spielen; sie müssen immer zur Schule gefahren werden, und im
Sommer werden sie in ein Sommercamp abgeschoben. Etc.»
Nach mehreren Jahren in L. A. kann sie weiter berichten: «Es ist
hier schwieriger. Freundschaften zu schliessen. Viele Freundschaften
werden sehr oberflächlich gehalten, weil immer ein Konkurrenzkampf
herrscht: Jobs, Autos, Karriere ... Man hat keine Zeit für Freundschaf-
ten,» erklärt Andrea Eberle, «und Freundschaften sind schwieriger,
weil sich die Menschen dauernd vergleichen und messen: Lernt man
jemanden kennen (normalerweise auf einer Party), wird zuerst nach
der Karriere und dem Auto, das man gerade fährt, gefragt. Jeder gibt
Pad